Profile 4-2021

F ast zehn Jahre ist es her, da setzte sich Kopenhagen als erste nach- haltige Modemetropole der Welt in Szene. Bei der renommierten International Copenhagen Fa- shion Week präsentierten Designer nachhaltige Kollektionen, verputzten Messebesucher Bio-Häppchen – und Windräder erzeugten die gesamte benö- tigte Energie, unter anderem für über 100 Catwalk-Shows. Tatsächlich gehört die dänische Hauptstadt heute zu den aufstrebenden Modehauptstädten der Welt. Was die Nachhaltigkeit angeht, haben ihr aber andere Fashionmetropo- len inzwischen den Rang abgelaufen. London, New York, Mailand und Paris liegen auf den Plätzen 1 bis 4 des Nach- haltigkeitsranking der Top-Modemetro- polen des US-amerikanischen Global Language Monitors und zeigen damit, dass Einfluss und Nachhaltigkeit einan- der nicht ausschließen müssen. Kopen- hagen rangiert allerdings – aller skandi- navischen Coolness zum Trotz – nur auf Platz 31. Frankfurt findet sich in dieser Liste gleich gar nicht. Dabei hat in Deutschlands neuem – nach Berlin – zusätzlichemMo- dezentrum Anfang Juli zum ersten Mal die Fashion Week, wenn auch coronabe- dingt als rein digitales Event, stattgefun- den, die von der Spree an den Main um- gezogen war – und die Macher der neuen Modewoche haben sich komplett der Nachhaltigkeit verschrieben. Nachhaltig- keit wird in Frankfurt sozusagen zum Main-Stream, denn die Fashion Week- Macher hatten alle aufgefordert, zu zeigen, „wie ernst wir es mit der Nachhal- tigkeit meinen“. Gerade die Corona-Pan- demie hatte sich zuletzt als Katalysator für Nachhaltigkeit in der Mode erwiesen: „Hinterfragten die Menschen schon län- ger ihr Konsumverhalten und die Ge- schichte hinter Mode, hat die weltweite Lage rund um Covid-19 den Prozess be- schleunigt. Wandel, der Jahre gebraucht hätte, ist plötzlich Realität. Das ist die Chance für Sustainable Fashion“, so die Organisatoren. SYDNEY: WENIG EINFLUSS, ABER TOP-NACHHALTIG Das Global Language Monitor-Nach- haltigkeitsranking der internationalen Fashion-Hauptstädte aus dem vergange- nen Jahr ist im Übrigen das erste seiner Art. Zwar hat das Institut bei der Aus- wahl der Modemetropolen für seine Lis- te „World´s Best Fashion Capitals“ schon immer Wert auf nachhaltige, ethi- sche und grüne Mode gelegt – spätestens seitdem es das Wort „Nachhaltigkeit“ 2006 zum Wort des Jahres kürte. Doch mit einem entsprechenden Ranking lie- ßen sich die Experten bis 2020 Zeit. Auffällig: Während beispielsweise Syd- ney im Ranking der einflussreichsten Modehauptstädte – gemessen an der Häufigkeit, mit der über die Städte in Blogs, Websites, Zeitungen und Zeit- schriften geschrieben und berichtet wird – auf einem abgeschlagenen 40. Platz liegt, belegt die australische Stadt bei den nachhaltigen Fashion-Metropolen immerhin den achten Platz. Berlin liegt in beiden Rankings in den Top 10, per- formt mit Nachhaltigkeit aber immerhin drei Plätze besser als mit seinem Style. Während New York und Paris seit Jahren an der Spitze der internationalen Fa- shionmetropolen stehen und das Zepter immer wieder aneinander abgeben müs- sen, gelten Städte wie Barcelona, Los An- geles, Tokio oder St. Petersburg gemein- hin als die neuen „hidden stars“ oder „hidden champions“ am Modehimmel. Würde die Modehauptstadt allerdings danach gekürt, wie viel die Bewohner des jeweiligen Landes regelmäßig für Mode ausgeben, sähe das Ranking wohl in Teilen anders aus: Zwar liegt Frank- reich einer Erhebung des Technologie- unternehmens Transferwise fast erwar- tungsgemäß mit durchschnittlich 113 Euro pro Einkauf auf Platz 1, doch dann folgt schon – Belgien. Und auch wenn die USA mit New York, Los Angeles, Las Vegas und Miami gleich viermal in den Top20 vertreten sind: Besonders ein- kaufslustig sind die US-Amerikaner und -Amerikanerinnen in Sachen Mode nicht: Nur 59 Euro lassen sie pro Ein- kauf an der Kasse. Damit steigen sie nicht in die Top10 der fashionbegeister- ten Nationen ein. Deutschlands Shop- ping-Ausgaben für Mode korrespondie- ren allerdings in etwa mit der Bedeutung der Modehauptstadt Berlin: Mit 83 Eu- ro pro Modeeinkauf liegen wir auf Platz 4 – und übertrumpfen damit Ber- lins Platz auf der Modehauptstadt-Bes- tenliste um vier Plätze. Foto: iStockphoto Foto: Unsplash/Flaunter Foto: Unsplash/Calicadoo PROFILE 4/2021 31

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