Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen | Geschäftsbericht 2022–2025 3 ARBEITSBELASTUNG Trotz vieler Köpfe knappe Personalstärke Nach den größten beruflichen Herausforderungen gefragt, melden die Mitglieder der GdP Niedersachsen aktuell und auch in den vergangenen Jahren vor allem die dünne Personaldecke der Polizei. Die GdP weist darauf seit langem hin. Die Politik hingegen betont immer wieder, dass die Landespolizei nie über mehr Köpfe verfügte. Die zunehmende Arbeitsbelastung ist allerdings kein subjektives Empfinden, sondern das Ergebnis klar benennbarer Entwicklungen: Die Zahl und Komplexität der polizeilichen Aufgaben wachsen. Das geschieht teils durch mehr und neue Kriminalitätsformen, in den vergangenen Jahren zum Beispiel in Form zunehmender Cybercrime-Aktivitäten oder organisierter Kriminalitätsformen wie Automatensprengungen oder Clankriminalität. Das erfordert spezialisierte Ermittlungen, hohe technische Standards und enorme Zeitressourcen. Hinzu kommt eine Zunahme gesellschaftlichen Unfriedens, der sich zuletzt in Klima- oder Bauernprotesten zeigte, sowie in politisch aufgeladenen Versammlungslagen aufgrund von internationalen Konflikten, die in immer kürzeren Abständen große Personalkapazitäten binden. Kombiniert wird dies mit gesteigerten Berichtspflichten und zusätzlichen Aufgaben, etwa bei der Unterstützung von Justiz oder der Landesaufnahmebehörde. Gleichzeitig steigt die Zahl an Kolleginnen und Kollegen in Teilzeitmodellen, was zwar Ausdruck moderner Arbeitskultur ist, zugleich aber die real verfügbare Einsatzstärke reduziert. Diese Gemengelage führt dazu, dass trotz konstanter oder sogar steigender Einstellungszahlen die Belastung pro Kopf weiter zunimmt – eine Entwicklung, der nur mit langfristiger, struktureller Personalpolitik begegnet werden kann. Ein Versuch, den die GdP deutlich kritisierte, war die Verschiebung von 120 Kräften der Bereitschaftspolizei (BePo) in den Einsatz- und Streifendienst (ESD) Anfang 2025 – ein deutlicher Beleg für den akuten Personalnotstand, aber keine Lösung für das Problem. In einer einmaligen Aktion haben GdP, DPolG und BDK daraufhin im Mai 2025 in einem offenen Brief an das Innenministerium gemeinsam das angesprochen, was intern bereits seit langem offensichtlich ist: Es droht akute Überforderung, während gleichzeitig das allgemeine Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung sinkt. Der gemeinsame Appell an Innenministerin Behrens: 1.000 zusätzliche Polizeivollzugsbeamt:innen ab 1. September 2025 müssen her, um die strukturellen Defizite wirklich zu begegnen. Klar ist: Personalverschiebungen allein reichen nicht. Ein nachhaltiger Ansatz muss über Umschichtungen hinausgehen und die Ursachen der Überlastung adressieren – durch qualitative Verbesserungen, Aufgabenprüfungen und nachhaltige Besetzungsstrategien. Mit dem Haushaltsplan 2026 gehen die Landesregierung und das Innenministerium auf die gewerkschaftlichen Notrufe ein und setzen erste Schritte zur personellen Entlastung: 250 neue Stellen im Vollzugsdienst der Polizei, 65 neue Stellen im Verwaltungsbereich, 25 Stellen im IT-Bereich, sowie 500 Stellenhebungen (von A 9 bis A 11) sollen zeitnah wirksam werden. Die GdP bewertet dies als Erfolg – bleibt aber deutlich: Die derzeitige Entwicklung bedeutet nur einen ersten Schritt zur Bewältigung des bestehenden Problems. I Unter anderem die Proteste von Landwirt:innen haben Anfang 2024 erhebliche Personalkapazitäten gebunden. In einem gemeinsamen offenen Brief haben GdP, DPolG und BDK im Mai 2025 auf die drohende Überforderung hingewiesen Fotos: GdP (2)
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