Profile 1-2022

31 PROFILE 1/2022 Schmollmund und Kulleraugen sowie dicke Augenbrauen und weite Nasenöffnungen gelten in der Attraktivitätsforschung bis heute als Kennzeichen für die Attraktivität von Frauen bzw. Männern. Unabhängig von Moden und persönlichem Geschmack sind es diese Merkmale, die darüber entscheiden, ob wir einem Menschen vertrauen oder ob wir ihn als Partner in Betracht ziehen. Schmollmund & Co. entsprechen dabei dem sogenannten Kindchenschema, einem Gesicht mit kindlichen Merkmalen. Dass bei Männern etwa dicke Augenbrauen als attraktiv wahrgenommen werden, liegt daran, dass bei kleinen Kindern die Stirnpartie noch besonders ausgeprägt ist. Eine neue Studie der Universitäten Freiburg und Basel zeigt nun, wie unterschiedlich Männer und Frauen sich anhand von Gesichtsmerkmalen vertrauen. Wie vertrauenswürdig eine Person ist, stufen Menschen nach ihrem ersten Eindruck der Gesichtsmerkmale des Gegenübers ein. Dabei würden laut der Forschenden Dr. Johanna Brustkern, Prof. Dr. Markus Heinrichs und Dr. Bastian Schiller vom Institut für Psychologie in Freiburg und Dr. MiWas ist eigentlich Authentizität und Persönlichkeit zählen in der Kosmetikbranche heute mehr als das, was man landläufig unter Attraktivität versteht: die ebenmäßigen Gesichtsmerkmale eines Menschen. Frauen fallen darauf einer neuen Studie zufolge weniger herein als Männer ... attraktiv? Doch heute gilt: Jeder Mensch ist anders und einzigartig, jeder Mensch ist besonders und schön. Ein Sieg der Kultur über die Biologie? Tatsächlich lässt sich die biologische Attraktivität von Menschen wohl weiterhin nicht verleugnen. Doch die kulturellen Aspekte, die sich über die Jahrhunderte auch in der Wahrnehmung von mal mehr, mal weniger fülligen Körpern gezeigt haben, scheinen derzeit zu überwiegen. Dazu gehört neben Äußerlichkeiten insbesondere die Haltung. Das zeigt sich etwa bei der Auswahl von Testimonials für Frauendüfte: Selbstbewusste und starke Frauen sind heute gefragt. Viele sind auch nach biologischen Kriterien attraktiv, doch ihre Geschichte steht im Vordergrund. Entsprechend ist auch die Wahrnehmung: Nicht Perfektion ist das Vorbild, sondern Echtheit. So lassen sich Schönheit und Attraktivität heute nicht mehr so leicht vermessen, wie das vielleicht Ende des vorherigen Jahrhunderts noch der Fall war. Was wir aus der Biologie der Attraktivität aber unbedingt mitnehmen sollten: Studien zeigen nach wie vor, wie anziehend ein breites Lächeln wirkt! Silke Bruns rella Walker aus Basel Frauen und Männer attraktiven Menschen häufiger ihr Geld vertrauen wollen als Menschen, die aus biologischer Sicht als weniger attraktiv gelten. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren dazu entsprechende Porträtfotos vorgelegt werden. Der Versuch hatte jedoch noch eine weitere Dimension: Auf einigen Fotos schauten attraktive Menschen bedrohlich drein. Während die Männer den bedrohlich wirkenden, attraktiven Frauen trotzdem ihr Geld anvertrauen würden, zogen Frauen bei den Männern die Reißleine. Die Forscher erklären dieses Verhalten mit alten biologischen Mechanismen: „Diese Unterschiede könnten evolutionär bedingt sein, da Frauen während Schwangerschaft und Stillen viel Zeit und Ressourcen investieren und daher einen möglichen Partner mit Bedacht auswählen“, so Johanna Brustkern. Nun ist die Biologie der Attraktivität das Eine, der Zeitgeist das andere. Biologische Attraktivität funktioniert heute nicht mehr ohne Persönlichkeit. Die Markenbotschafter der Kosmetikunternehmen sind heute nicht nur Männer und Frauen, sondern divers. Sie haben nicht nur eine makellose oder pfirsichgleiche elastische Haut, sondern Pickel oder Falten, sind tätowiert. Alles vor ein paar Jahren noch undenkbar.

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