Profile 3-2021

J ung sein in den Jahren 2020 und 2021 fühlt sich an, wie Mensch-ärgere-dich- nicht zu spielen: Man weiß nie, wie weit man kommt, bevor es wieder heißt „Zurück zum Anfang“. Junge Leute bleiben zuhause, statt mit Freunden Spaß zu haben. Sie fallen in ein Karriereloch statt durchzustarten und ziehen bei Mutti ein, statt Familie zu planen. Kaum wurde der Lockdown gelockert und etwas Freiheit lag in der Luft, drückte wieder jemand auf Reset. Die umfas- senden sozialen, wirtschaftlichen und systemi- schen Einschnitte verändern die Lebenswelt und Biographien der jungen Generation grundlegend und nachhaltig. Aus diesem Grund sieht der Trend- und Jugendforscher Si- mon Schnetzer, Autor der repräsentativen Stu- die „Junge Deutsche 2021“, einen neuen Ge- nerationenbegriff gerechtfertigt: dieGeneration Reset. Die Studie basiert auf einer repräsentati- ven Online-Befragung der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von 14 bis 39 Jahren durch das Institut für Demoskopie Allensbach. Danach ist die Stimmungslage der jungen Deutschen durch Corona getrübt. 70 Prozent der Befragten sind zwar zufrieden oder sehr zu- frieden mit ihrem Leben. Doch das sind neun Prozent weniger als in der Zeit vor Corona. „Seit der Corona-Krise muss ich mir wieder die Frage stellen, wie es weitergeht und was mich glücklich macht im Leben“ – diese Aussage ei- nes Studienteilnehmers steht beispielhaft für die Situation der jungen und jüngeren Men- schen. Die fünf wichtigsten Werte sind aktuell Gesundheit (65 %), Vertrauen (64 %), Familie (63 %) sowie Gerechtigkeit und Freiheit (je- weils 57%). Ökologische Nachhaltigkeit kommt bei der Generation Y, den 25- bis 39-Jährigen, mit 26 Prozent und der Generation Z, den 14- bis 24-Jährigen, mit 23 Prozent momentan nur auf einen der letzten Plätze. VERTRAUEN WIRD ZUM THEMA DER ZUKUNFT Zusammenhalt in der Familie (69 %) ist das, was für die jungen Deutschen das Leben zu- letzt am meisten prägte. Familie erlebt in dieser Zeit eine regelrechte Renaissance – freiwillig oder unfreiwillig. Die Frage danach, was jun- gen Menschen in Zeiten der Krise Halt bietet, beantwortet die überwiegende Mehrheit mit „Familie“. Diese bietet soziale Kontakte, Struk- tur im Alltag und finanziellen Schutz. Studien- Autor Simon Schnetzer erwartet so auch, dass „Vertrauen“ das Megathema der Zukunft wird. Die wichtigsten Aspekte, um anderen Men- schen zu vertrauen, sind aus Sicht der jungen Deutschen Ehrlichkeit (64 %), Zuverlässigkeit (44 %), gegenseitiges Vertrauen (39 %). Die wichtigsten Schritte, um Vertrauen aufzubau- en, sind offen und ehrlich zu kommunizieren (66 %) und zuzuhören, wenn man gebraucht wird (63 %). Die Herausforderung für die kommenden Mo- nate und Jahre wird es sein, dieses Vertrauen wieder aufzubauen: zu Freunden, in Teams, zu Politikern und in die Zukunft. Damit junge Menschen Vertrauen in die Zukunft fassen, benötigen sie eine Perspektive. Dies gilt ins­ besondere in der Phase der Übergänge wie beispielsweise durch eine Arbeitsstelle, ein eh- renamtliches Engagement oder ein Corona- Stipendium, um sich an der Bewältigung der Krise zu beteiligen. GELD UND SPASS SIND DIE WICHTIGSTEN MOTIVATOREN Tatsächlich hat sich für 29 Prozent der jungen Menschen durch Corona auch die finanzielle Situation und ihre Perspektiven für die Zu- kunft verschlechtert. Die Generation Z ist von den Auswirkungen der Krise besonders betrof- fen: Für 37 Prozent hat sich die schulisch-be- rufliche Situation verschlechtert. Fast jeder Vierte ist unzufrieden mit seiner psychisch- seelischen Gesundheit. Die beiden wichtigsten Motivatoren der jungen Generation sind der- zeit Geld (43 Prozent) und Spaß (42 Prozent). Der Stellenwert von Geld ist seit der 2019er- Studie erheblich gestiegen (Spaß 50 Prozent und Geld 36 Prozent). Finanzielle Sicherheit ist offenbar ein Grundbedürfnis, das in Zeiten der Krise die Lebenssituation stärker bestimmt. Foto: David Cohen/Unsplash PROFILE 3/2021 33

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