Profile 4-2022

17 PROFILE 4/2022 mehr als sechs Prozent über dem Wachstumsdurchschnitt der letzten drei Jahre. Inzwischen umfasst der deutsche Online-Markt knapp 100 Milliarden Euro. Davon wurden 2021 bereits 40 Prozent des Umsatzes über mobile Endgeräte generiert (2019: 31 Prozent). Prof. Dr. Jörg Funder, Geschäftsführender Direktor des IIHD Institut, schätzt die Größe des deutschen D2C-Marktes bereits auf 17 Milliarden Euro – Tendenz weiter steigend. Gerade jüngere Zielgruppen kaufen gerne direkt bei Markenherstellern. „Für Gen Z-Kunden im Alter von 18 bis 24 Jahren, die sich durch eine hohe Markenaffinität auszeichnen, sind Vertrauen und Sicherheit des Direktkaufs wichtig. Dahingegen bevorzugt die Kundengruppe Gen Y im Alter von 25 bis 34 Jahren, die häufig hohe Qualität von Direktmarken bei erschwinglichen Preisen“, begründet der Handelsstratege das rasche Wachstum des D2C-Segments. Dabei sind diese Kundengruppen auch deutlich anspruchsvoller: D2C-Kunden erwarten einen deutlich differenzierten Mehrwert – seien es personalisierte Angebote, individuelle Rabatte oder ein besseres Einkaufserlebnis. Hier kann und muss der Handel mithalten ... Denn auch im Internet ist nicht alles Gold, was glänzt: Nicht jeder, der im Web bummelt, kauft auch. Vielmehr hat sich gerade durch Corona das Phänomen des „Online-Schaufensterbummelns“ weiter ausgeprägt – und das führt zu mehr Warenkorbabbrüchen. Das Phänomen ist nicht neu, aber die Pandemie hat es verstärkt. Im Lockdown nämlich, einer Phase, in der die Menschen viel Zeit hatten, verbrachten sie diese damit, „sich vorzustellen, welche Dinge sie bestellen könnten“ – das heißt: Gekauft wurde nicht automatisch. Auch im Netz gibt es also Hürden. Dazu gehören eine schlechte Nutzeroberfläche, ein verwirrender Bezahlprozess, zu wenige Zahlungsmöglichkeiten und Sicherheitsbedenken – alles Faktoren, bei denen der stationäre Handel mit besseren Angeboten punkten könnte. INNENSTÄDTE BRINGEN NACHFRAGE UND ANGEBOT ZUSAMMEN Der Handel – sei es der alteingesessene, eigentümergeführte Einzelhandel oder der Filialhandel – profitiert dabei durchaus von seiner Lage in den Innenstädten und Zentren: „Innenstädte und Zentren haben eine Vernetzungsfunktion in mehrfacher Hinsicht. Hier finden Menschen und Unternehmen zusammen, tauschen sich aus und vernetzen sich. Interessenten, Kunden und Käufer finden Waren und Dienstleistungen. Unternehmen finden Arbeitskräfte sowie kreative und innovative Köpfe. Touristen suchen Sehenswürdigkeiten, Gastronomie und öffentliche Räume auf. Diese sind auch konstitutives Merkmal der politischen Meinungsäußerung, von Kundgebungen und Protesten. Die Innenstädte und Zentren bringen auf unterschiedlichen Ebenen Nachfrage und Angebot, das Sehen und Gesehen-werden, das Hören und Gehört-werden zusammen“, heißt es im Positionspapier „Zukunft der Innenstädte“ des Deutschen Städtetages aus dem vergangenen Sommer. Die Experten verbinden diese Feststellung zurecht mit der Forderung nach neuen Innenstadtentwicklungskonzepten, die verstärkt auf die unterschiedlichen Funktionen der Innenstädte und Zentren eingehen. Dabei beklagt der Städtetag auch den in einigen Städten inzwischen „besorgniserregenden Leerstand“ in Innenstädten und Stadtteilzentren. Leerstand könne aber auch Chance sein und Gestaltungsspielräume für alle an der Innenstadt und ihrer Entwicklung Interessierte eröffnen: „Leitmotiv sollte hierbei eine auf langfristige Ziele ausgerichtete Wirtschaftlichkeit sowie eine attraktive Durchmischung vor Ort sein. Denn dies bedeutet gleichermaßen einen ideellen und kulturellen Mehrwert beim Besuch der Innenstadt als auch einen materiellen Mehrwert im Sinne der Wertschöpfung über attraktive und multifunktionale Innenstädte und Stadtteilzentren.“ Eine solche Multifunktionalität von Städten wäre jedenfalls ganz im Sinne des Convenience-Gedankens, den die Kund*innen heute wünschen. Silke Bruns Automatisch, intelligent, convenient: Roboter nehmen den Menschen inzwischen im Haushalt viel Arbeit ab. Shopping von der Hängematte heraus: Convenience auf den Punkt gebracht. Foto: istock Foto: istock

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