Profile 4-2022

„Pure Water ist eine Kreation, die von einer Reise ans Meer im Frühling inspiriert ist. Die salzige Brise des Meeres vermischte sich mit dem angenehmen Duft der Blumen und erzeugte einen zarten, unvergesslichen, frischen Nebel. Als Hommage an diese Erinnerung habe ich den Jasmin Absolute India LMR zum Herzstück dieses Duftes gemacht, denn seine Blüten werden zart und einzeln gepflückt, was die leichte und helle Aura dieses Parfums hervorruft.“ Paul Guerlain 32 PROFILE 4/2022 special PARFÜMEURE CLEANE DÜFTE ALS NEUE HERAUSFORDERUNG Seit einigen Jahren sehen sich die Parfümeure vor eine neue Herausforderung gestellt: die Kreationen von cleanen Düften. Die hej:pure-Düfte von Mäurer & Wirtz gehören in diese neue Duftkategorie. „pure flower“, „pure wood“ und „pure water“ heißen die drei Düfte, die das Stolberger Haus im Juni dieses Jahres lanciert hat. Jeder Duft ist von einem renommierten Parfümeur kreiert worden, darunter Paul Guerlain, der für „pure water“ verantwortlich zeichnet. Er stammt tatsächlich auch aus jener Parfümeursfamilie, die sich in der Branche nicht nur in Frankreich, sondern auf der ganzen Welt einen Namen gemacht haben. Sein Nachname steht für erstklassige Parfümerzeugung aus Frankreich. Er wird mit Düften, Reisen und Schönheit assoziiert. Paul hat seinen Namen nie als Last oder Erleichterung empfunden. Er ist ganz einfach Teil seiner Geschichte, seiner Erinnerungen und seiner Person. Er erzählt von seiner ersten Reise mit seinem Großvater. Paul war fünf Jahre alt. Sie reisten zusammen nach Mayotte im Indischen Ozean, um die dortigen Vanille-, Nelken- und Kaffirlimettenplantagen zu besuchen. Er streifte im Haus umher und roch die Destillationen, die gerade im Gange waren. „Das sind meine ersten Duft-Erinnerungen: YlangYlang in Mayotte, als ich fünf war. Daran werde ich mich bis an mein Lebensende erinnern.“ Und auch wenn die Familie zu Hause nie von der Arbeit redete, waren Düfte allgegenwärtig. „Ich wurde in eine Familie von Parfümeuren hineingeboren. Also habe ich schon als kleiner Junge, im Alter von etwa fünf Jahren, unheimlich viele Dinge mit meiner Nase wahrgenommen. Ich war jeden Mittwoch nach der Schule bei meinem Großvater und erlebte ihn bei der Arbeit. Wir redeten jedoch nie über seinen Beruf. Er brachte mir nie etwas bei. Aber durch ihn kam in mir der Wunsch auf, auch Parfümeur zu werden. Das Geheimnisvolle, ihm dabei zuzuschauen, wie er die unterschiedlichsten Dinge roch, und mich dann zu fragen, was er denkt, wie er etwas kreiert – das faszinierte mich. In seinem Haus sah ich all die aufgereihten Duftstreifen und fühlte mich, als ob ich in einer orthodoxen Kirche wäre, so sehr war die Luft mit Düften gefüllt.“ Als Kind verliebte sich Paul in Parfüm. Er tauchte in die Geheimnisse und Stille ein, die es umhüllen. Er entdeckte eine Beziehung, ein Haus, eine Vergangenheit und Gemälde in den seltensten, üppigsten Geruchsnoten, die er wie eine einzigartige Form stummer Musik wahrnahm. Paul Guerlain will mit so vielen Rohmaterialien wie nur möglich experimentieren. „Ich halte meine Augen und Riechzellen weit offen und nehme alles an, was mich als Parfümeur weiterbringt.“ Doch seine Vorliebe für Vetiver ist schon lange kein Geheimnis mehr: „Ich verehre Vetiver und alle Arten von Balsam. Sie gehören zu meiner Kindheit, meiner Familie. Darum muss ich natürlich ein klein wenig Abstand nehmen und meinen Horizont erweitern. Doch gleichzeitig liebe ich diese Materialien, also werde ich sie nicht außer Acht lassen. Parfüm ist wie deine Muttersprache. Es gibt Düfte aus deiner Kindheit, die für immer in dir sind. Der Geruch eines Hauses zum Beispiel. Mein Großvater hat oft gesagt, Gerüche seien die intensivste Form der Erinnerung. Und es stimmt. Gerüche können sofort Bilder oder Erinnerungen hervorrufen. Ich sehe die Welt durch meine Nase. Ich wache morgens auf und rieche meine Haut. Anders könnte ich nicht leben.“ „PARFÜMEURE SIND ENTDECKER“ Der Schöpfer von hej:pure „pure water“ ist einer der Schaffenden, die sich für den Dialog einsetzen – Künstler, preisgekrönte Chefköche, Winzer. Ihnen gemein ist der Aufbau von Beziehungen. So definiert er Kunstwerke, eine exquisite kulinarische Kreation, einen Wein, ein Parfüm: „Wir alle wollen einen Dialog zwischen den Materialien entfachen. Wir greifen dafür natürlich auf unsere eigenen Tools zurück, aber das Gefühl ist dasselbe, das Zusammenspiel von Erinnerungen ist dasselbe und wir teilen dasselbe Verlangen, die Menschen mit unseren Endprodukten zu begeistern und ihnen eine angenehme, wohlige Erfahrung zu bieten. Wir treffen aufeinander. Wir sprechen dieselbe Sprache. Wir alle wollen etwas ausdrücken, in Form von Düften, Geschmack oder visuell. Auf jeden Fall ohne Worte. Uns geht es um Emotionen und darum, etwas in einem hervorzurufen. Ich glaube, deshalb habe ich diesen Job. Ich möchte etwas Schönes schaffen. Es ist ein persönlicher, fast egoistischer Prozess. Parfümeure sind Entdecker.“ Pauls Plan ist es, bis an sein Lebensende Entdecker zu bleiben.

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