Dabei wählten wir eine Geranie, die von der Insel La Réunion im Indischen Ozean stammt. Denn ihr Duftprofil ist weitaus fruchtiger und blumiger. Sie hat bereits Facetten, die an die Rose erinnern. Daher gibt es eine natürliche Duftverbindung zwischen diesen beiden Inhaltsstoffen. Wenn die Essenz von GeranienBlättern extrahiert wird, verbreitet sie sogar Rosennoten. Diese Symbiose von zwei herrlichen Inhaltsstoffen lässt eine Spannung entstehen, die die Codes von floralen Damendüften neu erfindet. Für den Duft wurden zu 88 Prozent Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs verwendet. Warum war Natürlichkeit so wichtig? Dora: Ich denke, dass es nicht nur eine Frage des Anteils von natürlichen und synthetischen Inhaltsstoffen ist, sondern dass ökologisch-soziale Verantwortung viel weiter geht. So haben wir uns für einen Inhaltsstoff entschieden, der aus der Biotechnologie stammt, Dreamwood™. Es ist ein herrlicher, milchiger Sandelholzduft und stellt eine Alternative zum natürlichen indischen Sandelholz dar. An diesem wurde so viel Raubbau betrieben, dass bestimmte Böden in Gefahr sind und es zu Entwaldung kommt. Für die Geranie arbeiten wir mit einer von Frauen geführten lokalen Kooperative auf La Réunion zusammen. Daphné: Die Moschussorten für diese Kreation wurden sehr sorgfältig ausgewählt. Durch seine gesamte Geschichte ist Firmenich dafür bekannt, nur die höchste Qualität von Moschus zu wählen. Das Unternehmen strebt bis heute danach, seine Palette zu wandeln, damit seine Moleküle die Umweltauswirkungen minimieren. Diese innovative Palette ermöglichte es uns, einen veganen, ökologisch aufgebauten Duft zu komponieren, der einen hohen Anteil an Inhaltsstoffen natürlichen Ursprungs sowie an Synthetika aus grüner Chemie aufweist. Welche Trends erwarten Sie in der nahen Zukunft? Daphné: Für die Verbraucher:innen steht aktuell Transparenz ganz oben auf der Prioritätenliste. Gleichzeitig ist Nachhaltigkeit zu einer Pflicht geworden. Innerhalb dieser neuen Voraussetzungen bewegen wir uns. Wir arbeiten immer weiter an Verbesserungen und dies wiederum schafft Raum für kreative Impulse. Nischendüfte haben die Unisex-Idee nach vorne gebracht, die in der GenerationZ sehr großen Anklang findet. Die Grenzen verschwimmen und Damendüfte trauen sich, auch ein wenig in männliches Territorium vorzudringen und umgekehrt. Dora: Der kreative Prozess entspricht ein wenig der Mode: Wir haben Technologien, die uns bei der Lösung bestimmter Probleme helfen, doch im kreativen Prozess bemerke ich eine Rückkehr zu den Grundlagen. Es geht um eine originelle Idee, das Menschliche, die Qualität, die Interpretation der Idee und die Ehrlichkeit. Die Parfümerie folgt auch allem, was in der Soziologie relevant ist. Heute sind wir mehr als je zuvor offen gegenüber den Befindlichkeiten anderer, sei es in Bezug auf die Kultur oder das Gender. Die Parfümerie wird sich auch in dieser Hinsicht weiterentwickeln. Verändert sich die Rolle von Düften in unserem Leben? Dora: Ich sehe ein gesteigertes Bewusstsein für den künstlerischen und luxuriösen Aspekt von Düften. Das geht Hand in Hand mit einer Suche nach Individualität und Originalität im Parfum und wird zu einer Sprache, um sich selbst zu behaupten. Darin ähnelt es dem Kleidungsstil und ist weit mehr als einfach eine Möglichkeit, gut zu riechen. Aufgrund dieser Beobachtung erwarte ich von den zukünftigen Parfums jede Menge Kreativität und das ist sehr aufregend! Daphné: Die Corona-Jahre haben klar gemacht, wie wichtig der Geruchssinn in unserem Alltag ist. Parfum ist zu einem Ritual geworden, dass über feine Düfte hinausgeht. Es gibt Sprays, Kerzen, Reeds, Cremes und so vieles mehr. Sie alle dienen der Verlängerung der Dufterfahrung und dem Glück, das sie uns bringt. Das Riechen spielt auch eine immer wichtigere Rolle in der Kunstwelt. Düfte spielen in immer mehr zeitgenössischen Installationen eine Rolle, um sie um eine emotionale Dimension zu bereichern. Parfum hat diese schier unglaubliche Kraft, in nur einer Sekunde beeindruckend lebhafte Erinnerungen wachzurufen. PROFILE GOLD EDITION 2023 49
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