Profile 2-2025

Düfte sind unsichtbare Begleiter unseres Alltags. Sie beeinflussen unsere Stimmungen, unser Verhalten und sogar unsere Entscheidungen – oft, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Doch was steckt eigentlich hinter diesem Phänomen? Wie funktioniert unser Geruchssinn, und warum spielen Düfte eine so zentrale Rolle in unserem Leben? Das Buch „Geschmack und Geruch“ des emeritierten Professors für Physiologie Wolfgang Skrandies bietet faszinierende Einblicke in die Welt der Sinneswahrnehmung und beleuchtet das Thema aus biologischer, psychologischer und kultureller Perspektive. So nutzen nicht nur Tiere Duftstoffe zur Kommunikation – auch wir Menschen senden und empfangen olfaktorische Signale, oft ohne es zu bemerken. Unser Geruchssinn warnt uns vor Gefahren wie verdorbenen Lebensmitteln oder Feuer, er beeinflusst unsere Partnerwahl und löst Erinnerungen aus, die Jahrzehnte zurückliegen können. Das Konzept des „Duftgedächtnisses“ erklärt, warum bestimmte Gerüche intensive Emotionen hervorrufen und uns in vergangene Situationen zurückversetzen können. Seit Jahrhunderten sind Düfte dabei nicht nur ein Mittel zur Körperpflege, sondern auch Ausdruck von Kultur und sozialem Status. Parfüm, Gewürze und aromatische Speisen sind tief in unseren gesellschaftlichen Ritualen verankert. Der Autor geht auf die Bedeutung von Düften in der Literatur ein und zeigt, wie Schriftsteller wie Patrick Süskind oder Marcel Proust Gerüche als zentrales Element ihrer Werke nutzen. Wie nehmen wir Düfte wahr? Und: Welche Rolle spielt das Gehirn bei der Verarbeitung von Gerüchen? Zudem erklärt das Buch auf verständliche Weise die neurophysiologischen Grundlagen des Riechens und Schmeckens. Die Verbindung zwischen Geruch und Emotionen wird ebenso beleuchtet wie aktuelle Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung. Besonders spannend: Gerüche beeinflussen, wie die Kosmetikbranche am besten weiß, unser Konsumverhalten: Düfte werden gezielt eingesetzt, um Atmosphären zu schaffen und Kaufentscheidungen zu lenken. Ob in Hotels, Einkaufszentren oder sogar Autos – Duftmarketing ist längst eine etablierte Methode, um Kundenerlebnisse positiv zu beeinflussen. Gleichzeitig rückt die Sensibilität für natürliche und nachhaltige Duftstoffe immer mehr in den Fokus. Auch die heilende Kraft von Düften im Rahmen von therapeutischen Anwendungen rückt in den Fokus: Aromatherapie, eine Praxis, die auf der Wirkung von ätherischen Ölen basiert, wird zur Stressreduktion, Schlafunterstützung und zur Linderung von Angstzuständen eingesetzt. In der Demenztherapie helfen bekannte Düfte dabei, Erinnerungen zu aktivieren und das emotionale Wohlbefinden von Patienten zu steigern. Auch in der Schmerztherapie werden bestimmte Düfte eingesetzt, um die Wahrnehmung von Schmerzen zu beeinflussen und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Studien zeigen, dass angenehme Gerüche die Ausschüttung von Stresshormonen reduzieren und das parasympathische Nervensystem aktivieren, was zu tiefer Entspannung führen kann. Wolfgang Skrandies: Geschmack und Geruch. Faszinierende Sinne – Funktion, Psychologie, Philosophie, Literatur, Alltag. Springer Verlag, eBook, 17,99 Euro 25 PROFILE 2/2025

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