GEWERKSCHAFT BUNDESBESCHÄFTIGTE MAGAZIN Tarifverhandlungen abgeschlossen – und was folgt nun? mit dbb seiten 10 Oktober 2025 • 75. Jahrgang
< Editorial Nach Abschluss der Tarifverhandlungen stand fest, dass die freiwillige Erhöhung der Arbeitszeit kommen wird. Interessant ist aber für die Tarifbeschäftigten die Möglichkeit zur Umwandlung von Teilen der Jahressonderzahlung in freie Tage. Dieses Wahlmodell gilt ab dem kommenden Jahr und die Berechnung der Umwandlung erfolgt nach einem festgelegten Stundensatz. Die Beschäftigten erhalten mehr Flexibilität und die Arbeitgeber könnten Personaldefizite abmildern. Es besteht auch die Möglichkeit, geleistete Mehrarbeit im Rahmen von Langzeitkonten anzusparen. Im Bereich der Bundesverwaltung gibt es bislang hierzu leider keinerlei Hinweise, außer dass Dienststellen und Personalräte eigene Dienstvereinbarungen schließen sollen. Eine zum Beispiel durch das BMF vorgenommene einheitliche Regelung würde dies erleichtern. Der weitere Urlaubstag pro Kalenderjahr wird ab 2026 nun auch umgesetzt. Erfreulich ist, dass die Tarifbeschäftigten mit dem Septembergehalt endlich ihre Auszahlung vom diesjährigen Tarifabschluss erhalten. Auch für die Beamtinnen und Beamten sind nun Abschlagszahlungen geplant, die mit den Bezügen für Dezember erfolgen sollen. Hinweise zu den Bearbeitungszeiten der Beihilfe beim BVA bietet dieses Heft in einem kurzen Infokasten. Damit greifen wir ein Problem auf, das in jüngerer Zeit verstärkt an uns herangetragen wurde. Die Mitgliederversammlung von BMI, BRH und BSH zeigt die lebendige und engagierte Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Behörden. Ich wünsche Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine spannende Lektüre und viele wichtige Impulse für Ihre Arbeit in den kommenden Wochen. Mit besten Grüßen Ihre Claudia Goeke Stellvertretende Bundesvorsitzende Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Herbst hat begonnen. Die Jahreszeit läutet in vielen Lebensbereichen in der Regel die Schlussphase zahlreicher Vorhaben und Projekte ein, die noch abgeschlossen werden müssen. Die seit Mai amtierende Bundesregierung hat den Bürgerinnen und Bürgern einen Herbst der Reformen zur Stärkung der Wirtschaft und zur Sicherung des Sozialstaates versprochen. Nicht alles, was in den ersten Wochen angefasst wurde, konnte zügig und geräuschlos abgeschlossen werden. Wir blicken daher gespannt auf die kommenden Wochen und hoffen, dass die Regierungskoalition die notwendigen Veränderungen geschlossen und überzeugend durch das Parlament bringen wird. Das Ihnen vorliegende Oktoberheft greift in seinem Leitartikel das Thema „Zeit statt Geld“ auf. Schon lange wird in Tarifverhandlungen zunehmend die Frage diskutiert, inwieweit Verbesserungen für die Beschäftigten allein durch höhere Gehälter erreicht werden sollen oder ob andere Elemente geeignet sind, Leistung zu honorieren und Anreize zu bieten. Wertguthaben und Langzeitkonten sind die Stichworte für eine innovative Weiterentwicklung der Vergütung. © Reimo Schaaf 3 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
< dbb <Nachrichten: Interview mit der Funke-Mediengruppe: „Beamte werden nicht so wahrgenommen, wie sie es verdient hätten“ 13 <Alterssicherung: Seriöse Debatte unerlässlich 13 <Tarifpolitik: dbb-Regionalkonferenzen: Die Länder müssen konkurrenzfähiger werden 14 <Umfrage: dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2025: Was Bürgerinnen und Bürger vom Staat erwarten 17 <Interview: Katharina Schenk, Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz 19 <Dossier Gesundheitspolitik: Kosten im Gesundheitswesen: Wie Digitalisierung die Preisspirale stoppen kann 21 <Krankenhausreform: Wege aus dem Defizit 24 <E-Health: Deutschland kränkelt bei der Digitalisierung 26 <Gesundheitskioske: Alles andere als „easy-going“ 28 <Nachgefragt bei Dr. Carola Reimann, AOK-Bundesverband 30 <Online: eGovernment MONITOR 2025: Das Vertrauen sinkt, die Ansprüche steigen 40 <Podcast: dbb Podcast „DienstTag“: „Wir sind die Staubsaugervertreter der Bundesrepublik“ 42 <Tarif: Tarifverhandlung beendet – und nun? 4 <Aus den Fachgruppen: Staffelstab übergeben 7 <Fachgruppe im BMI (FG 16): Gemeinsam gestalten wir die Zukunft der Fachgruppe – stark, sichtbar und mitgestaltend! 8 <Mitgliederversammlung: Fachgruppe KBA zu Gast in Hamburg 8 <Kommentierte Pressestimmen 9 <In eigener Sache: Tatkräftige Unterstützung für das vbob Team 12 <Beihilfe: Bearbeitungszeiten unzumutbar! 12 <Wir gratulieren 12 < Inhalt Tarif Tarifverhandlung beendet – und nun? Auch nach Abschluss der Tarifrunde 2025 und insbesondere der Redaktionsverhandlungen zwischen BMI, VKA und den Gewerkschaften bleiben neben der noch fehlenden Umsetzung des Ergebnisses für die Beamtinnen und Beamten auch für den Bereich der Tarifbeschäftigten viele Fragen unbeantwortet. Hat sich die handwerkliche Durchführung der Anpassung von Gehaltsbestandteilen einschließlich der sozialen Komponente ab April 2025 noch als unproblematisch erwiesen und wird sich auch im Mai nächsten Jahres genauso wie die Einführung des zusätzlichen Urlaubstages ab 2027 oder die Erhöhung der Jahressonderzahlung als unproblematisch erweisen, gestaltet sich die Umsetzung anderer Verhandlungsergebnisse schon schwieriger. < Arbeitszeit Die freiwillige Erhöhung der Arbeitszeit kommt jetzt schon oder wird sicherlich zeitnah in Anwendung kommen. Dafür sorgt schon das große Interesse der Arbeitgeber an der Regelung. Die Ausgestaltung kann hier analog zum Antrag auf Teilzeitarbeit erfolgen, wobei < Impressum Herausgeber des vbob Magazins: Bundesvorstand vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte. Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn. Telefon: 0228.9579653. Telefax: 0228.9579654. E-Mail: vbob@ vbob.de. Internet: www.vbob.de. Hauptstadtbüro Berlin. Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. E-Mail: anne.hoffmann@vbob.de. Bundesvorsitzender: Frank Gehlen. Redaktion: Anne-Katrin Hoffmann, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. Titelfoto: © A. Hoffmann. Herausgeber der dbb Seiten: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Bund der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors – Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5598. Internet: www.dbb.de. Leitender Redakteur: Jan Brenner (br). Bezugsbedingungen: Das vbob Magazin erscheint zehnmal im Jahr und wird allen vbob Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft gegen Beitrag geliefert. Nichtmitglieder bestellen in Textform beim DBB Verlag. Inlandsbezugspreis: Jahresabonnement 52,50 Euro zzgl. 9,30 Euro Versandkosten, inkl. MwSt.; Mindestlaufzeit 1 Jahr. Einzelheft 6,00 Euro zzgl. 2,00 Euro Versandkosten, inkl. MwSt. Abonnementkündigungen müssen bis zum 1. Dezember in Textform beim DBB Verlag eingegangen sein, ansonsten verlängert sich der Bezug um ein weiteres Kalenderjahr. Verlag: DBB Verlag GmbH. Internet: www.dbbverlag.de. E-Mail: kontakt@dbbverlag.de. Verlagsort und Bestellanschrift: Friedrichstraße 165, 10117 Berlin. Telefon: 030.7261917-0. Telefax: 030.7261917-40. Layout: Dominik Allartz. Anzeigen: DBB Verlag GmbH, Mediacenter, Dechenstraße 15 a, 40878 Ratingen. Telefon: 02102.74023-0. E-Mail: mediacenter@dbbverlag.de. Anzeigenleitung: Marion Clausen, Telefon: 030.7261917-32, E-Mail: marion.clausen@dbbverlag.de. Anzeigendisposition: Britta Urbanski, Telefon: 02102.74023-712. Preisliste 66 (dbb magazin) und Preisliste 45 (vbob Magazin), gültig ab 1.1.2025. Druckauflage dbb magazin: 550183 (IVW 2/2025). Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinen. Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42–50, 47608 Geldern. ISSN 1437-997X 4 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
natürlich die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben auch weiterhin zu beachten sein werden. < „Zeit statt Geld“ Von Interesse für die tarifbeschäftigten Mitarbeitenden wie auch für die Arbeitgeber wird auch die Möglichkeit der Umwandlung von Teilen der Jahressonderzahlung in freie Tage gemäß § 29a TVöD sein. Das sogenannte „Zeit statt Geld“-Wahlmodell gilt ab kommendem Jahr und die Berechnung der Umwandlung erfolgt nach einem festgelegten Stundensatz. Die Beschäftigten erhalten mehr Flexibilität und die Arbeitgeber könnten Personalausgaben einsparen. Die möglicherweise notwendige Anpassung der Gleitzeitregelungen liegt neben der Zuständigkeit der Dienststellenleitungen auch im Verantwortungsbereich der Personalvertretungen. Hier sind beide Partner aufgerufen, einen vermutlich rechtlich ohnehin unzulässigen Verfall von Gleitzeitguthaben durch die Anordnung von Überstunden oder den Abschluss eines Langzeitkontos zu verhindern. < Langzeitkonten und Wertguthaben Gerade die Einführung eines Langzeitkontos stellt sich aber als schwerste Übung für Dienststellen und Personalräte dar: Wurden bislang Langzeitkonten für Tarifbeschäftigte häufig in analoger Anwendung der beamtenrechtlichen Regelungen aus § 7a der Arbeitszeitverordnung (AZV) eingeführt, lässt die neue tarifrechtliche Regelung wesentlich mehr Spielraum zu. Insbesondere ist im neuen § 10 Abs. 7 TVöD keine Regelung zur Begrenzung von Ansparzeiten wie in der Arbeitszeitverordnung (AZV) enthalten. Hier sind Dienststellen als auch Personalvertretung in der Ausgestaltung völlig frei. Gleichfalls findet sich keine tarifvertragliche Regelung zum Ausgleich von Zeitguthaben aus einem Langzeitkonto. Besonders interessant ist die, entgegen der Regelung aus § 7b Abs. 3 AZV, unbegrenzt mögliche Entnahme von Zeitguthaben zum Ende des Erwerbslebens. Hier könnten sich in der Anwendung ähnliche Effekte wie bei der leider nicht verlängerten Regelung zur Altersteilzeit ergeben. In den Vereinbarungen zwischen Dienststelle und den Personalvertretungen sind zumindest Regelungen zur Höhe der anzusparenden Zeiten, der Einbringungsmöglichkeiten wie etwa Übertrag von Gleitzeitguthaben oder Ähnlichem zu treffen. Ähnlich sind die Entnahmemöglichkeiten zu vereinbaren. Auch wenn der Text des Tarifvertrags Möglichkeiten benennt, sind diese nicht abschließend und die Partner vor Ort in den Organisationseinheiten können frei darüber befinden. Besonders spannend werden Regelungen in den Dienststellen zur Anwendung des Wertguthabens nach §§ 7b ff. SGB IV im Rahmen der Langzeitkonten. Diese Möglichkeit der Entgeltumwandlung ist an vielen Stellen noch unbekannt, dennoch sollten Dienststelle und Personalvertretung Rahmenvereinbarungen treffen, um den Beschäftigten entsprechende Individualvereinbarungen zu ermöglichen. Bei einem Wertguthaben handelt es sich um die Ansparung von Geld anstelle Zeit. Hierzu kann sowohl Zeit in Geld als auch Geld in Zeit gewandelt werden. Als Geld werden Entgeltbestandteile gesehen, die der Arbeitgeber nicht zur Auszahlung bringt, sondern verzinst zurücklegt, um sie später auszuzahlen. Was sich einfach anhört, wird im Detail ziemlich schwierig. So können jegliche Entgeltbestandteile wie etwa Teile des monatlichen Entgeltes, © Fokussiert/stock.adobe.com 5 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte
Teile oder die gesamte Jahressonderzahlung, Zuschläge, Prämien und so weiter in ein Wertguthaben eingebracht werden. Genauso können aber auch Zeitguthaben wie etwa vorhandenes Gleitzeitguthaben oder Überstunden und tariflicher Urlaub, also über die gesetzlichen Urlaubsansprüche hinausgehende Tage, in Entgelt umgewandelt und in das Wertguthaben eingebracht werden. Der eingebrachte Betrag ist zunächst sozial- und steuerfrei. Er wird nach dem Zuflussprinzip erst bei einer Auszahlung sozialversicherungs- und steuerpflichtig. Auch diese Entnahme des Guthabens kann individuell vereinbart werden. Dabei ist im Rahmen der rechtlichen Vorgaben eine Entnahme bis zum Rentenbeginn möglich. Möglich ist weiterhin die Übertragung des Guthabens an die Rentenversicherung schon vor Renteneintritt. Die Rentenversicherung übernimmt dann die Auszahlung des vereinbarten Betrags und damit die Rolle des Arbeitgebers. Das Arbeitsverhältnis kann somit schon mit Auszahlungsbeginn durch die Rentenversicherung enden. Für die Arbeitgeber bedeutet dies eine sofortige Möglichkeit zur Nachbesetzung. Nähere und ergänzende Informationen sind auf den Webseiten der Vereinigten Lohnsteuerhilfe e. V. oder auf beim BMAS zu finden: https://www.vlh.de/arbeitenpendeln/beruf/wertguthabenalles-was-sie-wissen-muessen. html oder https://www.bmas.de/DE/ Arbeit/Arbeitsrecht/Teilzeit- flexible-Arbeitszeit/Wertgut haben/wertguthaben.html Sicherlich der schwierigste Teil der tariflichen Regelung zur Anwendung des Wertguthabens kommt zum Schluss mit der Frage der Verzinsung. Jedermann ist bewusst, dass eine zum heutigen Stundensatz geleistete Arbeitsstunde in zum Beispiel zehn Jahren in Anbetracht von tariflichen Entgelterhöhungen keinesfalls mehr dem Wert einer Arbeitsstunde entspricht. Klar wäre folglich, dass das Wertguthaben durch die Arbeitgeber so verzinst wird, dass etwa das gleiche Zeitäquivalent entnommen werden kann, wie eingebracht wurde. Gänzlich wird das nicht möglich sein, können doch auch Faktoren wie Aufstiege und Eingruppierungen in höhere oder niedrigere Entgeltgruppen aufgrund von Tätigkeits- oder Bewertungsänderungen Einfluss auf den zu veranschlagenden Stundensatz nehmen. < Einheitliche Regelung wünschenswert Wünschenswert wäre zumindest im Bereich der Bundesverwaltung eine einheitliche Regelung, die idealerweise durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) vorgenommen wird. Dazu gibt es aber noch nicht einmal einen Hinweis seitens der Arbeitgeber. Es besteht daher die begründete Befürchtung, dass sich die jeweiligen Dienststellen von Wertguthaben-Vereinbarungen distanzieren und damit sich und den Beschäftigten Vorteile vorenthalten. Der vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte wird in seinen kommenden Gesprächen darauf hinwirken, dass einheitliche Regelungen zur Anwendung des Wertguthabens in der Bundesverwaltung geschaffen werden. In jedem Fall sind aber die Personalvertretungen in den Verwaltungen des Bundes dazu aufgerufen, mit ihren Dienststellenleitungen in Verhandlungen zu treten und auf den Abschluss entsprechender Vereinbarungen zu drängen – ohne entsprechende Regelungen ist es den Beschäftigten kaum möglich, die tariflichen Verbesserungen in Anspruch nehmen zu können. lh © CrazyCloud/stock.adobe.com 6 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
Aus den Fachgruppen Staffelstab übergeben Am 26. Juni 2025 hat die Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob – Fachgruppe Bundesrechnungshof – auf ihrer Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand und einen neuen Vorsitzenden gewählt. Mit dieser Wahl ist ein Generationenwechsel gelungen. Nachdem Jochen Nagel nicht mehr angetreten war, haben die Mitglieder auf Vorschlag des alten Vorstands Dr. Frank Gondert einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt. Auch die weiteren Vorstandsmitglieder wurden einstimmig im Amt bestätigt oder neu in den Vorstand gewählt. Dieser setzt sich ausgewogen aus sowohl erfahrenen als auch neuen Mitgliedern, die frischen Wind in die Arbeit bringen werden, zusammen. Alle Standorte des Bundesrechnungshofes sind personell im Vorstand vertreten. < Frank Gondert dankt seinem Vorgänger Jochen Nagel Dr. Frank Gondert dankte als neuer Vorsitzender des vbob – Fachgruppe Bundesrechnungshof – seinem Vorgänger Jochen Nagel. Er war 15 Jahre Vorsitzender. In dieser Zeit hat er nicht nur eine Vielzahl an Personalratswahlen für den Bundesrechnungshof erfolgreich gestaltet. Er konnte auch die Mitgliederzahl kontinuierlich steigern und die Finanzlage konsolidieren. Zudem fanden zahlreiche Stellungnahmen Gehör bei den Gewerkschaftsspitzen und in der Politik. Beispielhaft seien die Verbesserungen bei den Amtszulagen (Besoldungsstrukturmodernisierungsgesetz) und der Aufstiegsverfahren für besonders leistungsstarke Beamtinnen und Beamte (§ 27 Bundeslaufbahnverordnung) erwähnt. Nicht zuletzt gehört die Mitarbeit an den grundsätzlichen Positionspapieren des vbob zu wichtigen Leistungen. Grund genug für Dr. Frank Gondert, seinem Vorgänger Jochen Nagel für seine geleistete Arbeit zu danken. Dies erfolgte in würdevollem Rahmen mit einem kleinen Präsent als Zeichen der Anerkennung. jn <Jochen Nagel wird von seinem Nachfolger Dr. Gondert aus dem FG-Vorstand verabschiedet. © FG BRH 7 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
Fachgruppe im BMI (FG 16) Gemeinsam gestalten wir die Zukunft der Fachgruppe – stark, sichtbar und mitgestaltend! Am Mittwoch, dem 10. September 2025, fand die Wahl des Vorstandes der Fachgruppe 16 (BMI) des vbob statt. Die Mitglieder der Fachgruppe, die das Bundesministerium des Innern (BMI) vertritt, wählten Dirk Kremer zum neuen Vorsitzenden und Ulrike Schäfer zur neuen Schatzmeisterin. Ein besonderer Dank gilt Ingo Sorgatz, der als ehemaliger Vorsitzender der Fachgruppe und des Personalrats im BMI maßgeblich zur Stärkung der Mitgliederinteressen beitrug. Sein Engagement bleibt prägend, und die Fachgruppe freut sich, dass er als Mitglied erhalten bleibt. Ebenfalls bedankt sich die Fachgruppe bei Sascha Titze, der als langjähriger Schatzmeister die Finanzen verantwortungsvoll führte. Dirk Kremer und Ulrike Schäfer ergänzen damit den bestehenden Vorstand, zu dem weiterhin Harald Berzl (stellvertretender Vorsitzender) sowie die noch weiteren Beisitzerinnen und Beisitzer gehören. Das Team wird die Interessen der über 200 Mitglieder der Fachgruppe im BMI aktiv vertreten. Schwerpunkte sind eine transparente Kommunikation, die Stärkung der Mitbestimmung im BMI sowie eine kreative Mitgliederwerbung, um die Fachgruppe weiter zu vernetzen. Die enge Zusammenarbeit mit dem vbob Bundesvorstand soll gemeinsame Ziele wie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Die Fachgruppe 16 vertritt die Beschäftigten des BMI und setzt sich für moderne Arbeitsbedingungen, faire Tarifpolitik und eine starke Vertretung der Mitgliederinteressen ein. Dirk Kremer Mitgliederversammlung Fachgruppe KBA zu Gast in Hamburg Die Fachgruppe Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (FG 58) traf sich am 23. September 2025 in Hamburg zu ihrer jährlichen Mitgliederversammlung. Zu Beginn begrüßte der Vorsitzende der FG 58, Carsten Brügmann, die Gäste aus Flensburg, die Vorsitzende der Fachgruppe Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), Judith Kelch, sowie den Schatzmeister Faruk Haxhijaj. Die Teilnahme von Mitgliedern einer anderen Fachgruppe war zwar ungewöhnlich, wurde jedoch als sehr bereichernd und informativ empfunden. Kollegin Judith Kehl stellte ihre Anregungen zur gewerkschaftlichen Arbeit im KBA vor, die von den Mitgliedern auf der Versammlung mit großem Interesse aufgenommen wurden. Besonders interessant war für die Schatzmeisterin Dr. Marion Heinrich der Hinweis, dass die Fachgruppe KBA ihre Finanzen eigenständig verwaltet – eine Besonderheit, die historische Gründe hat. Mit Freude nahm der Vorsitzende Carsten Brügmann zudem die Einladung zu einem Gegenbesuch beim KBA in Flensburg an. Im weiteren Verlauf berichtete Kollege Rhett Anthes über die aktuellen Entwicklungen in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), insbesondere beim WSA Ostsee, dessen Beschäftigte der FG BSH angehören. Ein Thema der Versammlung war außerdem der Abschluss der Rahmen-Dienstvereinbarung zur Einführung künstlicher Intelligenz (KI) im Bereich des Bundesverkehrsministeriums. Die Einführung von KI in der Verwaltung ist unumgänglich und wird unsere Arbeitswelt nachhaltig verändern. Dabei ist es wichtig, die Rahmenbedingungen im Blick zu behalten: den Schutz der Persönlichkeitsrechte, die Einhaltung des Datenschutzes und ethischer Grundsätze sowie Fragen der Arbeitsplatzsicherung und -gestaltung. cb <Dirk Karzek, Jens Adam, Dana Petrowski, Ingo Sorgatz, Dirk Kremer, Verena Thanisch und Harald Berzl bilden den neuen FG-Vorstand (von links). <Faruk Haxhijaj (Schatzmeister FG 37), Judith Kelch (Vorsitzende FG 37), Marion Heinrich (Schatzmeisterin FG 58) und Carsten Brügmann (Vorsitzender FG 58) (von links) © FG BMI © FG BSH 8 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
© Björn Wylezich/stock.adobe.com Kommentierte Pressestimmen Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber erlebt einen deutlichen Aufschwung. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sich mittlerweile 43 Prozent aller Arbeitnehmer bei einem Jobwechsel nach einer staatlichen Stelle umsehen würden, während nur 40 Prozent die Privatwirtschaft bevorzugen. < Sicherheit siegt, aber das Gehalt hinkt: der Staat im Kampf um die besten Köpfe Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland ziehen den öffentlichen Dienst der Privatwirtschaft vor. Hauptargument ist die Sicherheit des Beamtenstatus. Doch der akute Personalmangel und massive Überstunden, etwa bei der Bundespolizei, zeigen die Schattenseiten des Staatsdienstes auf. Die kürzlich beschlossene Gehaltserhöhung für 1,8 Millionen Beamte soll nun zeitnah für Entlastung und Wertschätzung sorgen. Der Hauptgrund für diesen „heiklen Hang zum Leben als Beamter“ ist die Sicherheit: 54 Prozent der Befragten nennen Arbeitsplatzsicherheit als Hauptargument. Hinzu kommen höhere Bezüge im Alter (46 Prozent). Experten sehen den Beamtenstatus mit seinen Pensionsansprüchen und Arbeitsbedingungen als das stärkste Argument für eine Karriere beim Staat, da die Privatwirtschaft „nicht mehr mithalten“ könne. Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit und der Sorge vor Stellenabbau durch künstliche Intelligenz in der Privatwirtschaft (27 Prozent der Unternehmen erwarten dies) lockt die Verlässlichkeit des Staates. Welt online, 24. September 2025 < Tarifeinigung und die Auszahlung für Beamtinnen und Beamte Die gestiegene Attraktivität muss jedoch durch wettbewerbsfähige Bezahlung untermauert werden. Ein wichtiger Schritt ist die Übertragung des im April erzielten Tarifergebnisses auf die Beamtenbesoldung. Um die 1,8 Millionen Bundesbeamte, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger nicht monatelang auf ihre Erhöhung warten zu lassen, beschloss die Bundesregierung am 3. September Abschlagszahlungen auf die © fizkes/stock.adobe.com 9 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
geplante Gehaltserhöhung. Diese Zahlungen sollen mit den Dezemberbezügen 2025 beginnen und rückwirkend eine Erhöhung von 3,0 Prozent ab April 2025 umfassen. Eine weitere Erhöhung um 2,8 Prozent ist für Mai 2026 geplant. Die Zusammenfassung: So viel Geld gibt es für Beamte. Die Erhöhung erfolgt in zwei Schritten: > 3,0 Prozent ab April 2025 (rückwirkend, Auszahlung ab Dezember 2025) > 2,8 Prozent ab Mai 2026 (Auszahlung ab Mai 2026) Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wertete den Kabinettsbeschluss als „Signal der Wertschätzung“. Der dbb begrüßte den „Durchbruch“, forderte jedoch die zügige gesetzliche Umsetzung der gesamten Tarifeinigung. Zudem soll mit dem neuen Gesetz die vom Bundesverfassungsgericht 2020 bemängelte Verfassungswidrigkeit der teils zu niedrigen Beamtengehälter beseitigt werden. Ruhr Nachrichten, 16. September 2025 < Mangel und Überlastung: die Schattenseite des Staatsdienstes Trotz der positiven Entwicklung bei der Bewerberlage kämpft der öffentliche Dienst weiterhin an mehreren Fronten. Akuter Personalmangel: Dem dbb zufolge fehlen im öffentlichen Dienst derzeit 600 000 Beschäftigte. In den nächsten zehn Jahren werden voraussichtlich 1,4 Millionen Menschen den Dienst verlassen. Massiver Überstundenberg: Die fehlenden Kollegen müssen von der bestehenden Belegschaft mitgetragen werden. Die Bundespolizisten haben bereits mehr als zwei Millionen Überstunden angehäuft, was die hohen Belastungen durch intensivierte Grenzkontrollen verdeutlicht. Psychische Belastung: Der hohe Druck führt dazu, dass immer mehr Beamte psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Dies birgt die Sorge, dass eine psychiatrische Behandlung den Weg in den Beruf verbauen könnte, da Amtsärzte die dauerhafte Dienstfähigkeit prüfen. Gewerkschaftsbund-Chef Volker Geyer betont, dass Beamte „sehr hart“ arbeiten und Überstunden leisten, damit der Staat funktioniere. Er weist Vorwürfe des fehlenden Arbeitseifers entschieden zurück und fordert, dass der öffentliche Dienst – trotz des Lockmittels Verbeamtung – in der Bezahlung konkurrenzfähig zur freien Wirtschaft werden muss. Dies gelte für alle Bereiche, insbesondere aber für körperlich und psychisch fordernde Tätigkeiten wie den Strafvollzug. Die Politik ist gefordert: Der Beamtenstatus als Schlüssel zur Personalgewinnung müsse erhalten bleiben und dürfe nicht – wie von einigen Seiten vorgeschlagen – abgeschafft werden, da er das beste Argument sei, um Fachkräfte zu gewinnen. Sicherheit allein reicht nicht; es braucht eine faire Bezahlung und eine Reduzierung der Arbeitslast, um den Staat funktionsfähig zu halten. Westdeutsche Allgemeine, 18. September 2025 < Gewerkschaftliche Forderungen: Sicherheit allein genügt nicht! Der öffentliche Dienst muss mehr bieten als nur Sicher- heit: 1. Beibehaltung des Beamtenstatus: Der Vorstoß, die Verbeamtung bis auf wenige Ausnahmen (Polizei, Richter, Zoll) abzuschaffen, ist „der komplett falsche Weg“. Der Beamtenstatus ist der stärkste Magnet im Wettbewerb um Fachkräfte und muss als wichtigstes Argument erhalten bleiben. 2. Abbau der Überstunden: Durch eine deutliche Personalaufstockung muss der Staat die hohe Arbeitsbelastung in Behörden und bei Einsatzkräften (zum Beispiel Bundespolizei) dringend senken. 3. Wettbewerbsfähige Besoldung: Über die reinen Tariferhöhungen hinaus muss die Politik die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und die amtsangemessene Alimentation (Besoldung) grundlegend überarbeiten, da die Gehälter teilweise zu niedrig sind. 4. Flexible Arbeitsbedingungen: Arbeitszeitregelungen und Karrierechancen müssen dringend an die Standards der Privatwirtschaft angepasst werden, um junge Talente zu gewinnen. Nur durch eine Kombination aus verlässlicher Sicherheit, konkurrenzfähiger Bezahlung und einer realen Reduzierung der Arbeitslast wird der öffentliche Dienst langfristig seinen Aufgaben gerecht werden und seine Attraktivität als Arbeitgeber sichern können. Westdeutsche Allgemeine, 18. September 2025 bh 10 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
In eigener Sache Tatkräftige Unterstützung für das vbob Team Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Name ist Najeeb Fahimi und ich bin 32 Jahre alt. Am 1. September 2025 habe ich die Funktion des Geschäftsführers in der Bundesgeschäftsstelle übernommen. Als ehemaliger Offizier der Bundeswehr und Jurist freue ich mich sehr, meine Erfahrungen und Kenntnisse in den Dienst unserer Gemeinschaft stellen zu dürfen. Die neue Aufgabe erfüllt mich mit großer Freude und Verantwortung – insbesondere angesichts der vielfältigen Herausforderungen, die diese Position mit sich bringt. Zu meinen zentralen Aufgaben als Geschäftsführer gehören: > juristische Recherchen und Beratung in Fragen des Verwaltungs-, Beamten- und Tarifrechts > Koordination und Mitgestaltung der täglichen Verwaltungsabläufe sowie der Materialbeschaffung > Optimierung interner Prozesse und der Öffentlichkeitsarbeit > Erarbeitung gewerkschaftlicher Positionen zu aktuellen Gesetzgebungsverfahren > Förderung einer konstruktiven Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen die Zukunft aktiv zu gestalten. _ © Najeeb Fahimi < Beihilfe Bearbeitungszeiten unzumutbar! Der Unmut der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger über die langen Bearbeitungszeiten verschiedener Beihilfestellen wächst. Zunächst war angesichts der Umstellung des Bearbeitungssystems Verständnis für längere Bearbeitungszeiten vorhanden. Aber nachdem die seit Jahresbeginn vorhandene Problematik bei einigen Beihilfestellen immer noch besteht, wächst die Zahl der Beschwerden. Der vbob hatte sich diesbezüglich auch beschwerdeführend an das BVA gewandt, aber es scheint sich zeitnah keine Verbesserung einzustellen. Es ist unzumutbar, immer wieder mit hohen Beträgen in Vorleistung zu treten und bis zu zwei Monaten auf die Abrechnungen zu warten. Da hilft auch der Hinweis nicht, bei Rechnungen über 2 500 Euro eine zusätzliche Mail mit dem Hinweis „dringend“ an die Beihilfestelle zu senden. Angesichts dieser Entwicklungen fordern wir im Vorgriff auf geplante Regelungen in den Beihilfevorschriften, Beihilfeanträge spätestens nach drei Wochen zu bescheiden. jp © Daniel/stock.adobe.com Wir gratulieren … Ehrung im vbob mit einer Urkunde und der silbernen Ehrennadel 25-jährige Mitgliedschaft > Birgit Piepenhagen vbob Fachgruppe Luftfahrt > René Ott vbob Fachgruppe Bundesverwaltungsamt Ehrung im vbob mit einer Urkunde und der goldenen Ehrennadel 50-jährige Mitgliedschaft > Sieglinde Hübsch-Barten vbob Fachgruppe BMI Bonn © volff/colnihko – stock.adobe.com 12 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Oktober 2025
NACHRICHTEN Alterssicherung Seriöse Debatte unerlässlich Die Bundesregierung plant, eine Kommission zur Reform der Alterssicherungssysteme einzusetzen. Der dbb bietet seine Unterstützung an, denn nicht nur aufgrund des demografischen Wandels ist eine seriöse Debatte über die Stabilität der Alterssicherungssysteme dringend notwendig. Das gelte gerade mit Blick auf die angespannte finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung, sagte dbb-Chef Volker Geyer nach einem Gespräch mit der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas, am 9. September 2025 in Berlin. „Die Menschen im Land sind aufgrund globaler Krisen und der wirtschaftlichen Stagnation im Land ohnehin verunsichert und verlieren das Vertrauen in den Staat. Das hat unsere dbb Bürgerbefragung gerade erst wieder gezeigt. Deshalb ist es umso wichtiger, die Diskussion um mögliche Reformen sachlich und fachlich fundiert zu führen. Die von der Bundesregierung geplante Kommission ist dafür der richtige Ort. Wir stehen bereit, um unsere Expertise einzubringen.“ Die von Bas vorgeschlagene Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) lehnt der dbb weiter entschieden ab. Geyer: „Bereits die Rentenkommission, die der vorherige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil eingesetzt hat, kam zu dem Ergebnis, dass das die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung voraussichtlich sogar eher erschweren würde.“ Der wenn überhaupt kurzfristigen Entlastung der GRV stünde außerdem eine deutlich höhere Belastung des öffentlichen Haushalts gegenüber, weil die Besoldung der Beamtinnen und Beamten entsprechend angepasst werden müsste – inklusive der Beiträge zur GRV und Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung. „Damit würde also kein einziges Problem gelöst, sondern nur neue geschaffen“, so Geyer. _ dbb-Chef Volker Geyer und der Zweite Vorsitzende des dbb und Fachvorstand Tarifpolitik, Andreas Hemsing, im Gespräch mit der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas. © Jan Brenner Interview mit der Funke-Mediengruppe „Beamte werden nicht so wahrgenommen, wie sie es verdient hätten“ Ob als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger oder Dienstherr für seine Beamtinnen und Beamten: Der Staat soll wieder ein verlässlicher Partner sein, fordert der dbb-Chef. Aus Sicht der Menschen funktioniert der Staat nicht mehr so, wie sie es erwarten. Das Bürgeramt ist nur ein Beispiel: Die Terminvergabe dauert viel zu lang, überall fehlt Personal“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Volker Geyer im Interview mit der Funke-Mediengruppe am 18. September 2025 mit Blick auf das schwindende Vertrauen der Bevölkerung in die Leistungsfähigkeit des Staates. Pauschale Kritik an Beamtinnen und Beamten weist Geyer in diesem Zusammenhang entschieden zurück: „Sie arbeiten jeden Tag sehr hart, leisten Überstunden und geben ihr Bestes, damit dieser Staat überhaupt funktioniert.“ Vielmehr müsse der Staat sich gegenüber seinen Beamtinnen und Beamten wieder mehr als verlässlicher Partner erweisen, so der dbb Bundesvorsitzende: „Der Staat muss dazu verpflichtet werden, verbindlich Rücklagen zu bilden, um die Pensionen sicher finanzieren zu können. Das fordern wir seit Jahrzehnten. Und das ist zum Teil ja auch geschehen. Daran haben sich über einen gewissen Besoldungsverzicht übrigens auch die Beamtinnen und Beamten beteiligt. Aber es mangelt an Verlässlichkeit. SchleswigHolstein zum Beispiel löst diesen Fonds jetzt auf und stopft mit diesem Geld aktuelle Haushaltslöcher. Ein völlig falscher Weg!“ _ Model Foto: Peopleimages/Colourbox.de AKTUELL 13 vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
TARIFPOLITIK dbb-Regionalkonferenzen Die Länder müssen konkurrenzfähiger werden Vor den Tarifverhandlungen hat die dbb Spitze mit den Mitgliedern diskutiert, bevor am 17. November die Forderungen zur Einkommensrunde 2025/2026 für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder erhoben werden. Neben einer linearen Einkommenserhöhung standen bei den Kolleginnen und Kollegen die Attraktivität der Arbeitsplätze und eine nachhaltige Personalpolitik im Fokus des Interesses. Andreas Hemsing, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb, fasste am 2. September 2025 die Diskussion in Köln zusammen: „Die Kolleginnen und Kollegen sehen deutlichen Handlungsbedarf, was ihre Bezahlung angeht. Die Länder müssen auf dem Arbeitsmarkt wieder konkurrenzfähiger werden. Gleichzeitig hat sich aus Sicht der Beschäftigten über die Jahre ein enormer Handlungsstau bei vielen Einzelthemen aufgebaut.“ Hier wirken sich auch die ausgebliebenen Verhandlungen zur Tarifpflege aus, zu denen die Tarifgemeinschaft deutscher Länder nicht bereit war. Hemsing weiter: „Wir sehen, dass Entlastung und Arbeitszeitsouveränität große Themen sind. In der Einkommensrunde 2025 mit Bund und Kommunen sind wir hier erste Schritte in die richtige Richtung gegangen. Die Landesbeschäftigten haben die klare Erwartung, dass die Länder hier mehr tun und sich als moderne Arbeitgeber präsentieren.“ Tarifergebnisse zeit- und wirkungsgleich übertragen Roland Staude, Erster Vorsitzender des DBB NRW, brachte die spezifische Perspektive der Landesbeamtinnen und -beamten in Nordrhein-Westfalen in die Diskussion ein: „Wie bei jeder Einkommensrunde ist für den dbb klar, dass die Tarifergebnisse zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger in den Ländern und Kommunen übertragen werden müssen.“ Zu Äußerungen von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann über die Gleichstellung von Pensionen mit Renten stellte Staude fest: „Die Forderung zeugt von wenig Kenntnis von Besoldung und Versorgung. Auch in der Landesregierung dürfte inzwischen einschlägig bekannt sein, dass jede Kürzung im Bereich der Pensionen laut Bundesverfassungsgericht automatisch zu einer Erhöhung der Besoldung während der aktiven Phase führt. Minister Laumann mag das Arbeitsrecht beherrschen, aber im Beamtenbereich hat er noch große Defizite.“ Leistung angemessen würdigen Auf der Regionalkonferenz am 3. September 2025 in Mainz erklärte Andreas Hemsing: „Klar ist, dass zur Steigerung der Attraktivität und zum Ausgleich der Preissteigerungen unsere Kernforderung in dieser Einkommensrunde die lineare Entgelterhöhung sein muss.“ Bewegung forderte der dbb Vize auch in puncto Arbeitsentlastung. Ziel müsse es sein, die Arbeit für Bürger und öffentlichen Dienst gleichermaßen attraktiver zu machen und junge Menschen für diese Tätigkeiten zu gewinnen. Peter Mertens, stellvertretender Landesvorsitzender und Vorsitzender der dbb arbeitnehmervertretung rheinlandpfalz, unterstrich: „Unsere Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst der Länder leisten tagtäglich einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Die Tarifverhandlungen mit den Ländern bieten die Chance, diese Leistungen angemessen zu würdigen und die Teilhabe an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sicherzustellen.“ Redebeiträge der Beschäftigten waren auf den Regionalkonferenzen wie hier in Köln ausdrücklich erwünscht. Der Zweite Vorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb, Andreas Hemsing, leitete die Regionalkonferenzen. © Friedhelm Windmüller (8) 14 AKTUELL vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
Sascha Alles, Landesvorsitzender des dbb saar, zog als Fazit aus der Diskussion: „Aufgrund der Überalterung fehlt eine Vielzahl von Beschäftigten. Es kann nicht sein, dass die Kolleginnen und Kollegen dies allein auf ihren Schultern tragen müssen. Die Überlastung der Beschäftigten muss zu Konsequenzen bei der Arbeitszeitgestaltung führen. Daneben erwarten wir aber natürlich auch eine spürbare Erhöhung der Entgelte sowie der Besoldung und Versorgung.“ Vertrauen zurückgewinnen Auf der Leipziger Regionalkonferenz beklagten dbb Mitglieder am 8. September 2025 neben Mehrbelastungen auch den Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in staatliche Akteure. Hemsing: „Wir fordern die Angleichung zwischen Ost und West. Für die Landesbeschäftigten ist es wichtig, die Differenzen zum TVöD aufzuheben. Außerdem fehlt es im öffentlichen Dienst mittlerweile an allen Ecken und Enden an Personal – dem muss entgegengesteuert werden.“ Der Personalmangel beeinträchtige am Ende auch das Vertrauen in einen funktionsfähigen Staat. „Hier müssen auch die Länder dringend gegensteuern, die Arbeit im öffentlichen Dienst muss attraktiver werden.“ Frank Schönborn, Vorsitzender des tbb beamtenbund und tarifunion thüringen, fügte hinzu: „Eine moderne, wertschätzende Personalpolitik erfordert stetige Anpassungen bei der Bezahlung.“ Beschäftigte, ob verbeamtet oder tarifbeschäftigt, leisteten tagtäglich unverzichtbare Arbeit – ob bei der Polizei, in den Schulen oder in der Verwaltung. Sie alle litten noch immer unter inflationsbedingten Kaufkraftverlusten. „Der Tarifabschluss muss daher selbstverständlich auf die Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger übertragen werden.“ Mehr Nachhaltigkeit gefordert Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erwarten von der anstehenden Einkommensrunde eine bessere Bezahlung und ein nachhaltiges Personalmanagement. Das haben Kolleginnen und Kollegen aus Hamburg, Bremen, MecklenburgVorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen am 11. September 2025 auf der dbb Regionalkonferenz in Hamburg deutlich gemacht. Für Andreas Hemsing ist klar: „Wenn Bürgerinnen und Bürger den Mangel in Kitas, Schulen oder der Verwaltung spüren, kann das weder der Anspruch der Beschäftigten noch der Arbeitgeber sein. Deshalb ist es wichtig, gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen, damit sich die Länder wieder als moderne, verlässliche Arbeitgeber zeigen. Der öffentliche Dienst steht vor einem immensen Veränderungsprozess, den es zusammen zu meistern gilt“, so Hemsing. Von den zu eröffnenden Perspektiven sollen auch Landesbeamtinnen und -beamte profitieren. Der Vorsitzende des dbb hamburg, Thomas Treff, betrachtet die Einkommensrunde als Chance, die Bezahlung in den Landesdiensten für alle Statusgruppen Kolleginnen und Kollegen auf der Regionalkonferenz in Leipzig. Großes Auditorium in Hamburg. Rege Beteiligung auch in Stuttgart. AKTUELL 15 vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
zukunftsgerecht weiterzuentwickeln. „Dafür brauchen wir einen langen Atem und klare Signale an die Beschäftigten, die hier bei uns im Norden das Land tagtäglich am Laufen halten.“ Gerade im Bereich Besoldung und Versorgung wünschten die Kolleginnen und Kollegen mehr Verlässlichkeit und Verantwortungsbewusstsein, ohne dass dabei das Beamtentum infrage gestellt wird. Auf der Regionalkonferenz am 16. September 2025 in Stuttgart unterstrich Andreas Hemsing die Bereitschaft des dbb, bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit den öffentlichen Arbeitgebern zusammenzuarbeiten, damit sich die Servicequalität nicht weiter verschlechtert. Kai Rosenberger, Landesvorsitzender des BBW, pflichtete Hemsing bei: „Wir müssen gemeinsam mit der Arbeitgeberseite die Chance nutzen, bestehende Reallohnverluste der vergangenen Jahre in dieser Einkommensrunde zu kompensieren.“ Personal ist von entscheidender Bedeutung „Die Beschäftigten des Staates sollen immer Aufgaben übernehmen und sind immer mehr Stress ausgesetzt, so kann es nicht weitergehen“, sagte dbb-Chef Volker Geyer am 17. September 2025 beim Abschluss der Regionalkonferenzen in Nürnberg. „Wir müssen alles dafür tun, um mehr Personal zu gewinnen. Nur so können wir die Beschäftigten entlasten. Nur so können wir den Bürgerinnen und Bürgern die Qualität in der Daseinsvorsorge bieten, die sie verdienen – egal ob es um die Bildung in den Schulen geht oder um die Sicherheit auf den Straßen. Die Formel ist simpel: Ohne attraktive Arbeitsbedingungen und ohne konkurrenzfähige Gehälter gibt es kein Personal. Das hat für uns in der kommenden Einkommensrunde oberste Priorität!“ Andreas Hemsing zog sein Fazit aus den Regionalkonferenzen: „Wir dürfen uns weder im Vergleich zu Bund und Kommunen noch gegenüber der Privatwirtschaft abhängen lassen. Der öffentliche Dienst muss den Anspruch haben, attraktive und konkurrenzfähige Arbeitsplätze zu bieten. Nur mit fairen und modernen Rahmenbedingungen können wir den öffentlichen Dienst zukunftssicher gestalten, Fachkräfte halten, junge Talente gewinnen und die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltung langfristig sichern. Andernfalls verschärfen sich die Personalengpässe, was am Ende nicht nur die Beschäftigten, sondern die gesamte Gesellschaft trifft. Darauf werden wir die Arbeitgebenden nachdrücklich hinweisen.“ Rainer Nachtigall, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes (BBB), warnte vor den Folgen eines schwachen Abschlusses: „Ein Ergebnis unterhalb des TVöD gefährdet nicht nur die Attraktivität des Freistaats als Arbeitgeber, sondern wirkt sich auch auf die Beschäftigten aus“, sagte er. „Die Folge wären höhere Fluktuation, längere Einarbeitungszeiten und zusätzliche Belastungen für die Teams vor Ort. Bayern muss deshalb in der TdL aktiv mitgestalten und für ein Ergebnis sorgen, das gleichzeitig auf Beamtinnen, Beamte und Versorgungsempfänger übertragen wird. In Bayern stehen wir zusammen – jede Statusgruppe trägt Verantwortung, und gemeinsam sind wir gefordert.“ _ Lebhafte Diskussion in Mainz. dbb-Chef Volker Geyer sprach auf der Regionalkonferenz in Nürnberg. Kolleginnen und Kollegen in Nürnberg. 16 AKTUELL vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
UMFRAGE dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2025 Was Bürgerinnen und Bürger vom Staat erwarten Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat sinkt das fünfte Jahr in Folge. Dabei haben die Deutschen klare Vorstellungen davon, wie es besser geht. Bürgernähe ist gefragt, die öffentliche Verwaltung soll einfacher, schneller und digitaler werden. 73Prozent der Deutschen halten den Staat mit Blick auf die zahlreichen Baustellen der Nation für überfordert. Die Asyl- und Flüchtlingspolitik, soziale Sicherungssysteme, Rente, Schul- und Bildungspolitik, Steuer- und Finanzpolitik, innere Sicherheit sowie Gesundheitsversorgung werden am häufigsten als Themenfelder genannt, bei denen der Staat nicht in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Das zeigt die Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst, die das Meinungsforschungsinstitut forsa auch 2025 für den dbb durchgeführt hat. 70 Prozent glauben auch nicht daran, dass sich unter der neuen Bundesregierung daran etwas ändert. „Union und SPD müssen jetzt geschlossen auftreten und abliefern“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Volker Geyer bei der Vorstellung der Ergebnisse am 3. September 2025. „Sie müssen die Dinge, die den Menschen wichtig sind und die ja teilweise auch bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, jetzt professionell abarbeiten. Wenn davon wieder nichts im Alltag der Menschen ankommt, folgt auf den ungebremsten Sinkflug des Vertrauens ein ganz harter Aufprall.“ Konsequente Aufgabenkritik gefordert Die Bürgerinnen und Bürger haben ganz klare Vorstellungen davon, was verbessert werden muss: Vorschriften sollen verringert und vereinfacht, ihre Anliegen deutlich schneller bearbeitet und mehr staatliche Dienstleistungen online erledigt werden können. Erstmals seit der Erhebung der Daten findet eine Mehrheit der Befragten zudem, dass der öffentliche Dienst die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu viel Geld kostet. „Wir fordern deshalb schon lange, dass endlich die notwendigen gesellschaftlichen Debatten geführt werden: Welche Aufgaben muss und kann der Staat zukünftig noch erfüllen? Antworten muss die Politik geben und mit Bürgerinnen und Bürgern verhandeln. Angesichts knapper Kassen und vor allem des immer drastischeren Personalmangels führt an dieser Diskussion kein Weg vorbei“, erklärte der dbb-Chef, der außerdem große Erwartungen an das neue Digitalministerium hat. „Wenn es Karsten Wildberger gelingt, Digitalisierung und KI-Einsatz in der Verwaltung endlich flächendeckend voranzubringen, spart das nicht nur Kosten und entlastet die Kolleginnen und Kollegen. Es erfüllt auch die klare Forderung der Bürgedbb-Chef Volker Geyer und forsa-Geschäftsführer Peter Matuschek (links) stellten die Ergebnisse der Bürgerbefragung in Berlin vor. © Marco Urban AKTUELL 17 vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
rinnen und Bürger nach einem digitalen öffentlichen Dienst mit schnellen und bürgernahen Serviceleistungen.“ „Dass die offensichtlich vorhandenen Probleme bislang eher ausgesessen wurden, hat nicht zuletzt auch Konsequenzen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und das Prestige ihrer Berufe“, erklärte Geyer mit Blick auf das in der forsa-Umfrage enthaltene Berufe-Ranking. Selbst die traditionell beliebten Feuerwehrleute, Polizistinnen und Polizisten, Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas sowie Müllwerker haben erstmals seit Erhebung der Daten – wenn auch nur im geringen Ausmaß – an Ansehen verloren. „Das wird den Kolleginnen und Kollegen, die mehrheitlich überragenden Einsatz trotz widriger Bedingungen zeigen, nicht gerecht. Wirklich dramatisch wird es aber, wenn dieser Ansehensverlust in Extremfällen in Hass und Gewalt umschlägt“, so Geyer. Mit 30 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben vier Prozent mehr als im Vorjahr schon einmal beobachtet, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes behindert, belästigt, beschimpft oder angegriffen wurden. Besonders betroffen sind dabei neben Einsatzkräften von Polizei und Rettungsdiensten auch Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen. Die Hälfte aller Beschäftigten wünscht sich mehr Schutz und Unterstützung von ihren Arbeitgebern und Dienstherren. „Der Staat darf seine Beschäftigten nicht alleinlassen. Das bedeutet: umfassende Prävention, lückenlose Dokumentation, volle Unterstützung für Betroffene und konsequentes Verfolgen von Täterinnen und Tätern.“ Tätlichkeiten nehmen zu Wie aus der Sonderumfrage zu Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes hervorgeht, meint wie bereits in den Jahren 2019 und 2023 auch aktuell eine Mehrheit der Menschen (84 Prozent), dass die Gesellschaft zunehmend verroht und der Umgang untereinander rücksichtsloser und brutaler wird. Nur zwölf Prozent der Befragten sind nicht dieser Ansicht. Diese Einschätzung findet sich bei Ost- und Westdeutschen sowie bei Männern und Frauen in ähnlichem Maße. Befragte unter 30 sowie diejenigen mit weiterführender Schulbildung wie Abitur und Studium teilen diese Einschätzung etwas seltener als der Durchschnitt aller Befragten. Bei den von Gewalt betroffenen Personengruppen haben die Befragten am häufigsten Übergriffe auf Polizistinnen und Polizisten (60 Prozent) oder auf Rettungskräfte und Notärztinnen und -ärzte (56 Prozent) beobachtet. 43 Prozent haben mitbekommen, wie Bus- oder Straßenbahnfahrerinnen und -fahrer im Dienst beschimpft, behindert oder angegriffen wurden. Jeweils 36 Prozent haben dies bei Ordnungsamtmitarbeitenden oder Feuerwehrleuten beobachtet, jeweils 30 Prozent bei Lehrkräften und bei Beschäftigten im Sicherheitsdienst. 28 Prozent beobachteten Übergriffe auf Lokführerinnen und Lokführer oder Zugbegleiter. Zeuge von Angriffen auf Mitarbeitende im Jobcenter der Agentur für Arbeit wurden 17 Prozent, 16 Prozent haben Angriffe auf Erzieherinnen und Erzieher beobachtet. Von den im öffentlichen Dienst Beschäftigten haben 50 Prozent angegeben, bei ihrer Tätigkeit schon selbst behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen worden zu sein. Das sind auch die am häufigsten genannten Arten der Übergriffe: 82 Prozent gaben an, beleidigt worden zu sein, 73 Prozent wurden angeschrien. Jeder dritte Betroffene (32 Prozent) gab an, körperlich bedrängt worden zu sein. 18 Prozent wurden geschlagen, 17 Prozent bespuckt. _ Die dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2025 und der Sonderteil Gewalt gegen Beschäftigte kostenlos im Download: dbb.de/mediathek Webtipp dbb Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2025 Foto: Colourbox.de Einschätzungen, Erfahrungen und Erwartungen der Bürger 18 AKTUELL vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
INTERVIEW Katharina Schenk, Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Eine Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherung ist überfällig Katharina Schenk ist Ministerin im Thüringer Ministerium für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie. © TMSGAF/Paul-Philipp Braun Die Krankenkassen warnen vor einer Kostenlawine. Die Zusatzbeiträge steigen Jahr für Jahr, während Arzneimittel knapper und teurer werden. Wie kann diese Entwicklung gestoppt werden, ohne die Versicherten zusätzlich zu belasten, und welche strukturellen Reformen sind aus Ihrer Sicht dafür notwendig? Der jüngste Bericht des Rechnungshofes zur besorgniserregenden Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen sollte in Berlin der endgültige Weckruf sein. Die gesetzliche Krankenversicherung muss dringend einer grundlegenden Strukturreform unterzogen und als solidarisch finanziertes System weiterentwickelt werden. Konkrete Umsetzungsschritte, wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente, die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze oder die Entschlackung versicherungsfremder Leistungen, liegen auf dem Tisch. Damit es nicht zu weiteren Belastungen der Beitragszahler und einem stetigen Auseinanderfallen von Beiträgen und Leistungen kommt, muss an den zuständigen Stellen auf Ebene des Bundes jetzt die Schlagzahl erhöht werden. Auch die Pflegekassen schlagen Alarm, die Eigenanteile sind für immer mehr Menschen eine große Belastung. Droht Pflege zur Armutsfalle zu werden? Seit Jahren steigt die Anzahl der Menschen, die Sozialleistungen – die sogenannten Hilfen zur Pflege – in Anspruch nehmen müssen, um sich einen Platz in einer stationären Pflegeeinrichtung überhaupt leisten zu können. Diese Entwicklung ist besorgniserregend und der Handlungsdruck ist groß. Im Juli startete unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums eine BundLänder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform. Bis Ende des Jahres 2025 sollen Eckpunkte für eine nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung erarbeitet werden. Dabei geht es auch um eine wirksame Begrenzung der Eigenanteile. ThürinFOKUS 19 vbob Magazin | dbb seiten | Oktober 2025
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