vbob magazin 7/8-2025

GEWERKSCHAFT BUNDESBESCHÄFTIGTE MAGAZIN 75 Jahre THW 75 Jahre Hilfe für die Menschen mit dbb seiten 7/8 Juli/August 2025 • 75. Jahrgang

< Editorial © Reimo Schaaf Mit besten Grüßen Ihr Frank Gehlen Bundesvorsitzender Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist vollbracht, die Redaktionsverhandlungen zum Tarifabschluss vom 6. April 2025 sind zu Ende. Jetzt steht die Zahlbarmachung für die tarifbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen bevor. Wir erwarten, dass mit der Auszahlung der Septemberentgelte auch die Einarbeitung der Entgeltsteigerung durch den Tarifabschluss auf den Bankkonten ankommt. Die Dauer der Verhandlungen nach dem eigentlichen Tarifabschluss zeigt, dass die Klärung von Detailfragen zu einem solch komplexen Tarifabschluss wie 2025 im Nachgang inzwischen länger braucht. Es gilt allerdings die Absprache der rückwirkenden Zahlung ab dem Tarifabschluss. Nachdem das nun erledigt wird, steht die nächste Herausforderung vor der Tür: die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Bundesbeamtinnen und -beamten sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger. Aus Anlass meiner Besuche im Bundeskanzleramt sowie im Bundesinnenministerium habe ich die Bedeutung der zeitnahen Übertragung einerseits und die klare Ansage aus dem Kanzleramt gegenüber den Beteiligten BMI und BMF bei der Notwendigkeit auch in Zeiten schwieriger Haushaltslagen hinterlegt und gefordert. Es gibt Signale, einerseits eine abschließende Lösung noch in diesem Jahr gesetzgeberisch fertig zu bekommen. Andererseits deuten sich auch bei den einzelnen Themenfeldern bereits mögliche Konflikte an. Bekannt ist aufgrund der unterschiedlichen Statusgruppen, dass Teile des Tarifabschlusses rein rechtlich gar nicht 1 : 1 übertragbar sein werden. Somit stellen sich in diesem Zusammenhang weitere Fragen, die nicht nur für diese Einkommensrunde relevant sein werden. Was geschieht mit Bestandteilen eines Tarifabschlusses, die nicht übertragbar sind? Das bleibt ein herausforderndes Feld. Gemeinsam mit unserer Dachorganisation dbb werden wir die zu klärenden Fragen jetzt angehen. Hinzu kommt, dass es den letzten Bundesregierungen nicht gelungen ist, einen Besoldungsreformvorschlag vorzulegen, der sich mit den Vorgaben aus den Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes zur amtsangemessenen Alimentation übereinbringen lässt. Auch hierzu muss es noch in diesem Jahr einen neuen Vorschlag geben; dies habe ich auch gegenüber dem Bundesinnenminister so vorgetragen. Mir ist klar, dass der Staat für beide Projekte – Übertragung des Tarifergebnisses und amtsangemessene Alimentation – viel Geld in die Hand nehmen muss. Aber die Kolleginnen und Kollegen der Bundesverwaltung sind es wert, denn sie halten dieses Land am Laufen, auch in solchen kritischeren Lagen, wie sie uns derzeit begleiten. Der Abschlussbericht der Initiative für einen handlungsfähigen Staat liegt uns allen vor und liest sich wie ein Ankündigungskatalog, oftmals ohne Konkretisierung. Wir haben das ausführlich kommentiert und bleiben dazu im Austausch mit der Bundesregierung. Auch wir sehen im vbob die Notwendigkeit von Anpassungen, aber pauschale Stellenkürzungen haben noch nie zu Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der Bundesverwaltung geführt. Sie sind beliebig, diesmal acht Prozent. Und sie werden mitten in der stärksten Phase des demografischen Wandels zu nichts anderem führen als zu zusätzlicher Belastung bei den Kolleginnen und Kollegen. Notwendige Aufgabenkritik als Argument wird zwar gesehen und akzeptiert, von Umsetzung aber keine Spur. Mit weniger Menschen mehr Aufgaben erledigen – ein merkwürdiger Ansatz. Den Rest macht dann die Digitalisierung und das neu gegründete Ministerium, da wird alles schneller und einfacher. Das sehen und erleben die Beamtinnen und Beamten gerade in der digitalisierten Beihilfebearbeitung – teilweise berichten Mitglieder im hohen fünfstelligen Bereich –, die deutlich verlängerte Bearbeitungszeiten und unzumutbare finanzielle Belastungen über Monate nach sich zieht. Das geht so nicht, hat hoffentlich keinen Modellcharakter und das muss endlich abgestellt werden. Dazu haben wir die zuständige Behörde angeschrieben und aufgefordert, das schnell abzustellen. Zur staatlichen Resilienz gehört auch, im Zivil- und Katastrophenschutz angemessen ausgestattet zu sein und auf diesen enorm wichtigen Einsatz für die Menschen hinzuweisen. Ich freue mich deshalb, dass wir in dieser Ausgabe das 75-jährige Bestehen des Technischen Hilfswerkes entsprechend würdigen können. Ich danke stellvertretend für die vbob Familie den THWlern für ihren großartigen Einsatz zum Schutz der Bevölkerung! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bereiten zurzeit das eigene Jubiläumsjahr 2026 vor. Der vbob wird dann 75 Jahre jung. Ich habe den Bundesinnenminister bereits zu einem Festakt eingeladen. Der vbob ist allerdings stark bei Ihnen vor Ort, wo Sie den Kolleginnen und Kollegen persönlich begegnen und ich bitte Sie bereits heute um Ihre aktive Teilnahme und Mitwirkung vor Ort im Jubiläumsjahr, denn wir alle gemeinsam sind der vbob! Wir geben Ihnen rechtzeitig Informationen zu den Planungen. Werben Sie weiter für Mitgliedschaften in unserer Solidargemeinschaft – Nähe ist unsere Stärke! 3 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Juli/August 2025

< dbb <Nachrichten: Die Alterssicherung ist zukunftssicher 13 <Die dbb Familie trauert um Ulrich Silberbach 14 <dbb Bundeshauptvorstand: Volker Geyer ist neuer Bundesvorsitzender 16 <Interview: Volker Geyer, Bundesvorsitzender des dbb beamtenbund und tarifunion: „Unsere Geschlossenheit macht uns stark!“ 18 <Bevölkerungsschutz: Zivil- und Katastrophenschutz: Gelebte Solidarität 20 <Standpunkt: Digitale Souveränität in Zeiten von Cyber Dominance 22 <Reportage: Technisches Hilfswerk – Ein Zahnrad im Getriebe des Zivilschutzes 24 <Online: Kritische Infrastruktur im Fadenkreuz 28 <Infrastruktur: dbb Verkehrstag 2025: Grünes Licht für die Verkehrsinfrastruktur 30 <Jugend: Jugendliche stark belastet, aber optimistisch 34 <Europa: Demokratie muss wehrhaft bleiben 42 <75 Jahre Technisches Hilfswerk – 75 Jahre Hilfe für die Bevölkerung 4 <Aus den Fachgruppen: Intensive Personalversammlung der Bundestagsverwaltung 8 <Kennenlerngespräch beim neuen Sprecher des Vorstandes der BImA, Prof. Dr. Alexander von Erdély 9 <FG BMWE: Weiterbildung für unsere Mitglieder 9 <Grillfest zum Kennenlernen 10 <Wir gratulieren 10 <Kommentierte Pressestimmen 12 < Inhalt < Impressum Herausgeber des vbob Magazins: Bundesvorstand vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte. Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn. Telefon: 0228.9579653. Telefax: 0228.9579654. E-Mail: vbob@ vbob.de. Internet: www.vbob.de. Hauptstadtbüro Berlin. Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. E-Mail: anne.hoffmann@vbob.de. Bundesvorsitzender: Frank Gehlen. Redaktion: Anne-Katrin Hoffmann, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. Titelfoto: © gguy – stock.adobe.com. Herausgeber der dbb Seiten: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Bund der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors – Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5598. Internet: www.dbb.de. Leitender Redakteur: Jan Brenner (br). Bezugsbedingungen: Das vbob Magazin erscheint zehnmal im Jahr und wird allen vbob Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft gegen Beitrag geliefert. Nichtmitglieder bestellen in Textform beim DBB Verlag. Inlandsbezugspreis: Jahresabonnement 52,50 Euro zzgl. 9,30 Euro Versandkosten, inkl. MwSt.; Mindestlaufzeit 1 Jahr. Einzelheft 6,00 Euro zzgl. 2,00 Euro Versandkosten, inkl. MwSt. Abonnementkündigungen müssen bis zum 1. Dezember in Textform beim DBB Verlag eingegangen sein, ansonsten verlängert sich der Bezug um ein weiteres Kalenderjahr. Verlag: DBB Verlag GmbH. Internet: www.dbbverlag.de. E-Mail: kontakt@dbbverlag.de. Verlagsort und Bestellanschrift: Friedrichstraße 165, 10117 Berlin. Telefon: 030.7261917-0. Telefax: 030.7261917-40. Layout: Dominik Allartz. Anzeigen: DBB Verlag GmbH, Mediacenter, Dechenstraße 15 a, 40878 Ratingen. Telefon: 02102.74023-0. E-Mail: mediacenter@dbbverlag.de. Anzeigenleitung: Marion Clausen, Telefon: 030.7261917-32, E-Mail: marion.clausen@dbbverlag.de. Anzeigendisposition: Britta Urbanski, Telefon: 02102.74023-712. Preisliste 66 (dbb magazin) und Preisliste 45 (vbob Magazin), gültig ab 1.1.2025. Druckauflage dbb magazin: 550799 (IVW 1/2025). Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinen. Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42–50, 47608 Geldern. ISSN 1437-997X 75 Jahre Technisches Hilfswerk – 75 Jahre Hilfe für die Bevölkerung 2025 feiert das Technische Hilfswerk (THW) sein 75-jähriges Bestehen. 75 Jahre, in denen sich die Krisen, Katastrophen und Veränderungen der weltpolitischen Lage eindrucksvoll widerspiegeln. Im Frühsommer 1950 vereinbarte der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann mit Otto Lummitzsch (späterer Gründer und erster Direktor des THW), dass ein ziviler Ordnungsdienst aufgestellt werden soll. Als Geburtstag des THW gilt der 22. August 1950. Im Jahr 1953 erteilte das Bundesinnenministerium dann einen Errichtungserlass und das THW wurde eine Bundesanstalt. < 2025 – das Jubiläumsjahr Den Auftakt zu den bundesweiten Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr bildete am 17. Mai 2025 ein feierlicher Festakt in Bonn. Rund 700 Gäste aus Politik, Gesellschaft sowie den Partnerorganisationen im Zivil- und Katastrophenschutz folgten der Einladung. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Festrede von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, der das langjährige ehrenamtliche Engagement im THW würdigte: „Das THW ist seit 75 Jahren ein verlässlicher Partner an der Seite der Menschen in diesem Land. Es ist zur Stelle, um bei Katastrophen, wie etwa nach Starkregen und Hochwasser, mit seiner technischen Expertise zu helfen. Das ist nur möglich durch das Engagement der 88 000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, <Bundesinnenminister Alexander Dobrindt beim Festakt zum 75. Jubiläum des THW 4 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Juli/August 2025

die damit einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Ich empfinde als Bundesinnenminister große Freude und einen tiefen Dank dafür, dass wir in Deutschland so viele Menschen haben, die sich freiwillig für das Wohl aller engagieren.“ Neben Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und THWPräsidentin Sabine Lackner sprachen außerdem der ehrenamtliche THW-Bundessprecher Wolfgang Lindmüller, Martin Gerster (MdB), Präsident der THW-Bundesvereinigung e. V., sowie Katja Dörner, die Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn. Bundespräsident FrankWalter Steinmeier sendete eine Videobotschaft, in der er das Engagement des Ehrenamtes lobte. Im Rahmen der Feierlichkeiten zur 75-Jahr-Feier des THW wurde am 17. Mai 2025 der 669. THW-Ortsverband gegründet. Das THW VOST (Virtual Operations Support Team) ist eine digital vernetzte Einheit und der erste rein virtuelle Ortsverband des THW. Die Helferinnen und Helfer des VOST tragen im Einsatzfall lagerelevante Informationen online zusammen. < Die Entstehung des THW Nach Auflösung der 1919 von Otto Lummitzsch gegründeten Technischen Nothilfe durch die Hauptsiegermächte im Jahre 1945 wurde Lummitzsch am 22. August 1950 vom damaligen Bundesminister des Innern, Gustav Heinemann, beauftragt, unter der Bezeichnung „Ziviler Ordnungsdienst“ eine ähnliche Organisation für die Bundesrepublik aufzubauen. Hieraus sollte sozusagen eine Nachfolge der Technischen Nothilfe geschaffen werden. Im Oktober 1951 wurde die Bezeichnung „Technisches Hilfswerk“ (THW) offiziell. In Erinnerung an die Erfahrungen mit der Technischen Nothilfe waren die Anfangsjahre des THW unter anderem durch Konflikte mit den Arbeitnehmervertretenden gekennzeichnet. Insbesondere der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie die IG Metall sahen im neu aufgestellten THW primär eine „Streikbrecher-Organisation“. Somit ergibt sich eine traditionell prägende Verbindung zwischen dem THW und den Gewerkschaften. Das THW wurde seinerzeit mit dem Auftrag gegründet, die Bevölkerung vor Kriegsauswirkungen zu schützen und die Folgen des Zweiten Weltkriegs zu beseitigen. Die Notwendigkeit des nicht militärischen Schutzes der Zivilbevölkerung vor Kriegseinwirkungen und deren Beseitigung waren die hauptsächlichen Gründe für die Schaffung dieser Organisation. Mit dem gesetzlichen Auftrag wird heute direkt Bezug auf das Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz genommen und damit auf die enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Aufgabenbewältigung im Verteidigungsfall. Zur Erfüllung dieser Aufgabe stellt das THW flächendeckend Einrichtungen und Einheiten auf, die aus freiwilligen Helferinnen und Helfern gebildet werden. < Der Aufbau Die 50er-Jahre standen im Zeichen des Aufbaus des THW in den ehrenamtlich getragenen Ortsverbänden, die ein bundesweites Netz an Standorten immer enger knüpften. 1953 ging das THW bereits in seinen ersten Auslandseinsatz – eine Sturmflut in den Niederlan­ © THW/Marcel Kroker (2) <Bundesinnenminister Alexander Dobrindt und THW-Präsidentin Sabine Lackner beim Festakt zum 75. Jubiläum des THW 5 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte

den, bei der das THW unseren Nachbarn zu Hilfe eilte. Dieser Einsatz erfuhr bundesweite mediale Beachtung und führte zu einem gesteigerten Interesse der Bevölkerung an der jungen Organisation. Die – seinerzeit vornehmlich männlichen – Helferzahlen stiegen an. Über die Jahre hinweg wurde die Ausstattung des THW stetig einsatzbezogen erweitert, verbessert und modernisiert. Die 90er-Jahre des THW waren insbesondere durch den Mauerfall und das Ende des Kalten Krieges geprägt. Ortsverbände in den neuen Bundesländern kamen hinzu und das THW passte seine Struktur an, um nun bundesweit aufgestellt zu sein. Basierend auf dem Helferrechtsgesetz (heute THW-Gesetz) Anfang 1990, wurde zum Jahreswechsel 1992/93 das THW vom damaligen Bundesamt für Zivilschutz (BZS) herausgelöst und zu einer dem Bundesinnenministerium direkt unterstellten Bundesoberbehörde verselbstständigt. Anfang der 90er-Jahre wurde es Zeit, das bisherige THWKonzept, welches noch auf dem Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes von 1968 basierte, zu überprüfen. Aufgrund der veränderten politischen und sicherheitspolitischen Situation Deutschlands seit 1989, veränderter Anforderungen an das THW bei Katastrophen- und Schadenslagen, veränderter Gefahrenlage, Haushaltsmittelknappheit und Sparvorgaben im öffentlichen Bereich und aufgrund des neuen THW-Helferrechtsgesetzes wurden entsprechende Anpassungen geprüft. Die bisherige Struktur der Ortsverbände, der Einheiten sowie Fahrzeuge und Ausstattung genügten den Anforderungen der Zukunft nicht mehr. < Der Wandel Die Aufgaben wandelten sich weg vom Zivilschutz (alle nicht militärischen Maßnahmen, die dem Schutz der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur im Verteidigungs- oder Spannungsfall dienen) hin zur Unterstützung des Katastrophenschutzes der Bundesländer und der Kommunen. Das THW wandelte sich zur operativen Einsatzeinheit des Bundes im Katastrophenschutz im In- und Ausland und gelangte dadurch zu einer hohen Akzeptanz und Anerkennung in der Bevölkerung und weltweit. Nachdem Russland 2014 die Krim annektierte, passte sich das THW erneut an. Das THW baute unter anderem im Zivil­ <Einsatz des THW im Ahrtal 2021 © THW © THW historische Sammlung 6 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte

schutz seine Kompetenzen in der Notversorgung und Notinstandsetzung aus. Über die Jahre wurden die Einsätze immer komplexer und vielfältiger, sei es im Inland oder aber auch im Ausland. Hilfeleistungen nach Erdbeben in der Türkei, Italien oder Pakistan, nach dem Tsunami in Südostasien, nach Überschwemmungen in Myanmar oder den USA, im Rahmen der Wiederaufbauhilfe nach dem Balkankrieg, humanitäre Hilfen im Irak, weltweite Beratung und Unterstützung bei der Koordination von Hilfsmaßnahmen oder aktuell Hilfstransporte in die Ukraine. Dies sind nur wenige Beispiele für Einsätze in der langen und ereignisreichen Geschichte seit der Gründung des THW – mittlerweile in mehr als 140 Ländern. Als humanitärer Botschafter der Bundesrepublik Deutschland kommt das THW der gemeinsamen globalen Verantwortung nach, Menschen in Not zu helfen. < Hier und Jetzt Heute gehört zum gesetzlichen Auftrag des THW die technische Hilfe nach dem Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz, im Ausland im Auftrag der Bundesregierung, bei der Bekämpfung von Katastrophen, öffentlichen Notständen und Unglücksfällen größeren Ausmaßes auf Anforderung der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen sowie bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Vereinbarung. Im Inland ist das THW täglich im Einsatz. Der bis dato größte Einsatz in der THW-Geschichte folgte nach der Hochwasserkatastrophe durch Starkregen im Juli 2021 vornehmlich in Nordrhein-Westfalen und an der Ahr. Hier halfen circa 15 000 Einsatzkräfte aus dem gesamten Bundesgebiet. Dabei wurden über 2,2 Millionen Einsatzstunden geleistet. Erstmals waren alle 668 ehrenamtlich getragenen Ortsverbände mit bis zu 4 000 Einsatzkräften gleichzeitig in einem Einsatz tätig. Unter anderem wurden Behelfsbrücken mit einer Gesamtlänge von mehr als 630 Metern im Schadensgebiet errichtet, die teilweise heute noch ihren Zweck erfüllen. Heute umfasst das THW rund 88 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer in 669 Ortsverbänden mit einer zunehmenden Anzahl an weiblichen Helfern und Jugendlichen, rund 2 300 hauptamtlich Beschäftigte in der THW-Leitung, acht Landesverbände, 66 Regionalstellen, 5 Logistikzentren sowie ein Aus- und Fortbildungszentrum mit drei Ausbildungszentren. Egal, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich, jung oder alt – alle sind als Spiegel der Gesellschaft als THW-Familie im Zahnkranz vereint. Diejenigen, die sich für das Thema „75 Jahre THW“ interessieren, haben noch ausreichend Gelegenheit. Bereits im April ist eine 10-Euro-Sammelmünze erschienen; im August folgt eine Sonderbriefmarke. Darüber hinaus sind zahlreiche dezentrale Veranstaltungen auf Orts- und Landesverbandsebene geplant – darunter Tage der offenen Tür und Großübungen. Michael Münz © THW/Nicole Endres <Mit Sandsäcken werden Deiche, Dörfer und Städte gesichert. 7 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Juli/August 2025

Aus den Fachgruppen Intensive Personalversammlung der Bundestagsverwaltung „Quo vadis, Bundestagsverwaltung?“ Unter diesem Motto hat der Personalrat bei der Verwaltung des Deutschen Bundestages seine Versammlung am 17. Juni 2025 gestellt. Der historisch anmutende Titel hat einen ernsten Hintergrund: Auch die Bundestagsverwaltung ist als oberste Bundesbehörde betroffen von den Einsparvorgaben durch die schwarz-rote Koalition. Insgesamt acht Prozent Stellen sollen bis 2029 eingespart werden – 0,5 Prozent noch dieses Jahr. Das bedeutet einen Personalabbau in einer Höhe, wie es ihn bei der Bundestagsverwaltung wohl noch nicht gab. Zugleich wachsen aber die Aufgaben und Anforderungen an die Beschäftigten. So kamen in den vergangenen Jahren immer neue Bereiche und Funktionen wie der Polizeibeauftragte, die SED-Opferbeauftragte und die Bürgerräte hinzu. Für die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) war die Personalversammlung eine Premiere, ebenso für den neuen Direktor, Staatssekretär Paul Göttke (CDU). Göttke war jahrelang zur Unionsfraktion beurlaubt, bevor er nun für seine neue Aufgabe in die Bundestagsverwaltung zurückkehrte. Für den vbob nahm der Bundesvorsitzende Frank Gehlen an der Versammlung teil. Sie stand dann auch ganz unter dem Zeichen der Einsparungen und den damit einhergehenden Strukturveränderungen. Der Personalrat und damit auch die vbob Vertreterinnen und Vertreter in dem Gremium machten deutlich, dass sie einen Stellenabbau – auch wenn niemand seinen Job verlieren soll – mehr als kritisch sehen. Neben den Einsparungen soll zugleich die Digitalisierung vorangetrieben werden. Das bedeutet weitere Umwälzungen und Veränderungen – fast alle Arbeitsbereiche und Einheiten werden davon betroffen sein. Frank Gehlen betonte in seiner Rede vor den Beschäftigten, dass der vbob keinerlei Verständnis dafür habe, wenn Stelleneinsparungen pauschal beschlossen werden, ohne zuvor die dahinter liegenden Aufgaben und Prozesse genau zu prüfen. Hier sei die Hausleitung gefordert, ganz genau hinzuschauen, bevor Entscheidungen getroffen werden. Er stellte sich unmissverständlich an die Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei machte Gehlen auch klar, dass er eine Übertragung der Tarifergebnisse auf die Beamtinnen und Beamten erwarte – auch wenn nicht alle Elemente übertragbar seien. Er forderte ferner von der Politik, endlich die noch immer ausstehende Reform der Alimentation weiter voranzubringen. Schließlich verwies er auf einen Gesetzentwurf der Koalition zu § 80 Bundesbeamtengesetz, der sich der Beschleunigung der Beihilfebearbeitung widmet. Zum Schluss seiner Rede bekannte sich der Bundesvorsitzende im Namen des vbob klar zum Berufsbeamtentum – das für das Funktionieren von staatlichen Aufgaben unabdingbar ist. Der vbob wird die anstehenden Prozesse bei der Bundestagsverwaltung intensiv beobachten und kritisch begleiten. Wie wichtig das auch den Beschäftigten ist, zeigt sich nicht zuletzt an den erfreulich immer weiter steigenden Mitgliederzahlen der Fachgruppe Bundestag/Bundesrat. A. Linden <vbob Bundesvorsitzender Frank Gehlen, FG-Vorsitzender und Personalratsmitglied Alexander Hein, DPolG-Vorsitzender Rainer Wendt, Personalratsmitglied Anja Kluger, Personalratsmitglied Andreas Klupsch, stellvertretender FG-Vorsitzender Dr. Alexander Linden und Thomas Härtel, Personalratsmitglied © vbob Fachgruppe Bundestag/Bundesrat 8 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Juli/August 2025

Kennenlerngespräch beim neuen Sprecher des Vorstandes der BImA, Prof. Dr. Alexander von Erdély Am 16. Juni 2025 trafen sich die Vertreter des vbob, an ihrer Spitze der Bundesvorsitzende Frank Gehlen, zusammen mit den Vertretern der Fachgruppe Bundesanstalt für Immobilienaufgaben e. V., Boris Burat und Lothar Hermes, in Bonn zum Kennenlerngespräch mit dem neuen Vorstandssprecher. Seit dem 1. Oktober 2024 steht Alexander von Erdély an der Spitze des Vorstandes. Der diplomierte Bauingenieur, der die Verwaltung aus seiner Zeit beim Berliner Senat kennt, bringt umfassende Erfahrungen aus der Immobilienwirtschaft mit, in der er über Jahre hinweg Führungsaufgaben innehatte – zuletzt als CEO von CBRE Deutschland, einem der weltweit größten Immobiliendienstleister. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde skizzierte Herr von Erdély seine Vorstellungen von der Weiterentwicklung der Bundesanstalt. Ein wertschätzender Umgang mit den Beschäftigten, die Förderung ihrer Potenziale – darauf legt Alexander von Erdély besonderen Wert. Denn das wichtigste Kapital der Bundesanstalt, so betonte er, seien die Menschen, die dort arbeiten. Im Gespräch unterstrich der Vorstandssprecher zudem, wie wichtig es ihm sei, die erfolgreiche Arbeit der Vergangenheit fortzuführen und zugleich neue, bislang ungenutzte Potenziale zu erschließen. Er sei in der Bundesanstalt offen empfangen worden, sagt von Erdély – und freue sich besonders über den direkten Austausch mit Kolleginnen und Kollegen auf allen Ebenen. Der vbob Bundesvorsitzende betonte, dass mit der vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte ein verlässlicher Partner mit dem Anspruch an sachgerechten und damit guten Lösungen zur Verfügung stehe. Dabei bildet für den vbob die Berücksichtigung der Kompetenz der Beschäftigten ein wesentliches Element guter Lösungen. Die Beschäftigten stünden nach seiner Erfahrung gerne für Entwicklung unter eigener Beteiligung zur Verfügung. Die Unterstützung durch KI (künstliche Intelligenz) sei ebenfalls für die BImA ein wichtiger Schritt, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die vbob Vertreter haben zugesagt, ihn bei der Umsetzung seiner Vorstellungen zu begleiten. Dabei wird der vbob die Rechte der von uns vertretenen Beschäftigten nicht aus den Augen verlieren. Wir bedankten uns für die Zeit und das konstruktive und angenehme Gespräch. Wir freuen uns, Prof. Dr. von Erdély zu unserer diesjährigen Fachgruppenversammlung, am 24. September 2025, zu einem Informations- und Gedankenaustausch in Bad Honnef begrüßen zu dürfen. lh FG BMWE Weiterbildung für unsere Mitglieder Im Juni hatte die vbob Fachgruppe im BMWE (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) alle ihre Mitglieder zu zwei Veranstaltungen eingeladen, um umfassend über die aktuellen Themen rund um die Beamtenversorgung, Beihilfeleistungen und Haftungsfragen zu informieren. Zielgruppe waren keineswegs nur Ü50-Kolleginnen und -Kollegen. Auch die Jüngeren konnten umfangreich von der Expertise der Experten profitieren. So stand Joachim Politis, langjähriges vbob Mitglied und Bundesvertreter der Mitglieder im Ruhestand, den Teilnehmenden für Fragen zum Thema Rente und Pension ausführlich zur Verfügung. Eine weitere Veranstaltung mit Experten der Debeka bot ebenfalls eine hervorragende Gelegenheit, sich auszutauschen und offene Fragen direkt zu klären. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Entwicklungen in der Beamtenversorgung, die Bedeutung der Beihilfe für Beamte sowie die rechtlichen Aspekte der Haftung im Dienstalltag. Es konnte anschaulich erklärt werden, wie die Beihilfe im Krankheitsfall funktioniert und welche Leistungen sie abdeckt. Zudem wurden die wichtigsten Punkte zur Absicherung im Falle von Haftungsansprüchen erläutert, um unsere Mitglieder bestmöglich auf mögliche Risiken vorzubereiten. Die Veranstaltungen wurden von den Teilnehmenden sehr positiv aufgenommen. Viele Nachfragen zeigen, dass es durchaus einen erheblichen Informationsbedarf der Kolleginnen und Kollegen gibt, auf den die vbob Fachgruppe im BMWE mit den Veranstaltungen eingeht. Wir freuen uns auf weitere gemeinsame Veranstaltungen, um den Austausch und die Information unserer Mitglieder kontinuierlich zu fördern. FG BMWE © Christiane Worring, BImA <Boris Burat, Lothar Hermes, Prof. Dr. Alexander von Erdély, neuer Vorstandssprecher der BImA, und Frank Gehlen 9 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Juli/August 2025

© volff/colnihko – stock.adobe.com Jubilare Wir gratulieren … Ehrung im vbob mit einer Urkunde und der silbernen Ehrennadel 25-jährige Mitgliedschaft > Franz Kuhn vbob Fachgruppe Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (41) > Oliver Knerr vbob Fachgruppe Bundeskriminalamt (33) > Jürgen Feinhals vbob Fachgruppe Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (05) Ehrung im vbob mit einer Urkunde 40-jährige Mitgliedschaft > Friedhelm Beimdieck vbob Fachgruppe Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (41) > Hildegard Papels vbob Fachgruppe Bundesamt für Verfassungsschutz (23) Ehrung im vbob mit einer Urkunde und der goldenen Ehrennadel 50-jährige Mitgliedschaft > Peter Burkart vbob Fachgruppe Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat (07) > Roland de Fallois vbob Fachgruppe Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (41) Ehrung im vbob mit einer Urkunde 60-jährige Mitgliedschaft > Walther Kessel vbob Fachgruppe Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (05) > Gottfried Schueren vbob Fachgruppe Bundesamt für Verfassungsschutz (23) Grillfest zum Kennenlernen Die Fachgruppe 49 der HS Bund hat mit Jan Siebert einen neuen Vorsitzenden. Um dies im Haus zu kommunizieren und auch die Fachgruppe wieder präsent zu machen, wurde entschieden, die Jahreszeit zu nutzen und ein „Angrillen“ für die Beschäftigten der Dienststelle zu veranstalten. Und so lud die vbob Fachgruppe am 2. Juni 2025 zu Grillgut und Getränken auf der Terrasse des Hauses ein. Bei bestem Wetter fanden sich über 100 Gäste ein, welche die Zeit und Gelegenheit nutzten, sich in geselliger Runde auszutauschen. Mit dem Vorsitzenden – Jan Siebert – persönlich am Grill, konnte für das leibliche Wohl aller Gäste gesorgt werden. Im Austausch mit den bereits in der Dienststelle vertretenen vbob Mitgliedern konnte ebenfalls gute und zielführende Werbung für die Gewerkschaft gemacht und auch zahlreiche Anträge auf Beitritt verteilt werden. Die Resonanz war durchweg positiv; die Laune entsprach dem Wetter. Seitens der Beschäftigten wurde dem vbob für die Mühe gedankt und die Veranstaltung als willkommene Abwechslung begrüßt. Man hofft vielerorts auf eine Wiederholung. J. Siebert © FG HSBund <Der Fachgruppenvorsitzende Jan Siebert als Grillmeister 10 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte

Kommentierte Pressestimmen Es war eine harte Nuss – aber nach Warnstreiks und Verhandlungen gab es im April einen Abschluss für den öffentlichen Dienst. Aus Sicht des vbob fehlt aber noch ein entscheidender Schritt: Übertragung des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst auf Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sowie Anwärter. < Beamtenbund fordert von Dobrindt mehr Geld für Beamte Gewerkschaften und Arbeitgeber hatten sich im April nach langen Verhandlungen und einer Schlichtung darauf geeinigt, dass die Beschäftigten von Bund und Kommunen in zwei Stufen mehr Geld bekommen: seit 1. April 2025 drei Prozent, mindestens aber 110 Euro mehr im Monat; Stufe zwei folgt ab 1. Mai 2026 in Höhe von 2,8 Prozent. Die Arbeitszeit soll deutlich flexibler werden. Der neue Vorsitzende des dbb beamtenbund und tarifunion, Volker Geyer, mahnte, wenn der Bund das Ergebnis nicht auf die Beamt*innen übertragen würde, wäre dies ein Novum und ein Vertrauensbruch gegenüber den „Kolleginnen und Kollegen, die diesen Staat am Laufen halten“. dpa, 24. Juni 2025 < dbb kritisiert Appelle zur ÖD-Personalpolitik Die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Darin fordert sie umfassende Reformen bei Verwaltung und Nachrichtendiensten. Der dbb kritisiert die darin enthaltenen Vorschläge zur Personalpolitik. „Die Planung des Personalbedarfs zu zentralisieren, ist absolut realitätsfern“, sagt der dbb Bundesvorsitzende Volker Geyer zu den Vorschlägen der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“. „Wir begrüßen das überparteiliche Interesse und Engagement für einen leistungsstarken Staat“, erklärte Volker Geyer. Bürgerinnen und Bürger hätten berechtigte Erwartungen an dessen Funktionstüchtigkeit. „Hierzu trägt der Bericht einige interessante Ideen zusammen. Gerade die Forderung nach einer praxistauglicheren Gesetzgebung oder einer besseren Digitalisierung der Verwaltung können wir nur unterstreichen“, so Geyer weiter. Dies entspreche auch den langjährigen Forderungen des dbb. < Staat zu aktuellen Konditionen nicht konkurrenzfähig Die Vorschläge zur Personalpolitik hingegen kritisiert der dbb. „Dass demografischer Wandel und Pensionierungswellen in den kommenden Jahren ein riesiges Loch in die Personaldecke reißen und schon heute viele Stellen nicht besetzt werden können, ist wirklich nicht neu“, fasst Geyer zusammen. Als Konsequenz daraus formuliere das Papier allerdings nur die allgemeine Aussage, dass der Staat als Arbeitgeber deutlich attraktiver werden müsse. Naheliegende Maßnahmen würden nicht formuliert. „Stattdessen wird vorgeschlagen, dass ‚interne Querwechsler und Seiteneinsteiger von außen‘ eingestellt werden sollen“, so Geyer. Die Möglichkeit habe man aber jetzt schon. Allerdings sei der Staat zu den aktuellen Konditionen auf dem Arbeitsmarkt häufig nicht konkurrenzfähig. Der dbb wünsche sich daher folgende Ergänzung, die bei Stellenbesetzungen relevant sei: gute Bezahlung und attraktive Arbeitszeitmodelle. Nicht überzeugend ist aus Sicht des Beamtenbundes auch, dass das neu gegründete Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung eine umfassende Zuständigkeit für Personal erhalten soll und gleichzeitig die Personalkompetenz der Zentralabteilungen in den einzelnen Bundesbehörden eingeschränkt werden soll. „Die Planung des Personalbedarfs zu zentralisieren, ist absolut realitätsfern und widerspricht dem Ressortprinzip“, sagt Geyer und fragt: „Was soll denn besser werden, wenn etwa die Personalplanung für die Bundespolizei mit über 55 000 Beschäftigten aus dem fachlich zuständigen Bundesinnenministerium in das neue Digitalministerium wandert, dass von den betroffenen Stellen und Tätigkeiten gar keine Ahnung hat?“ Auch das Dienstrecht müsse weiterhin beim Bundesinnenministerium verortet bleiben; eine Verlagerung sei nicht sachgerecht. Behörden Spiegel, 15. Juli 2025 lb © Björn Wylezich/stock.adobe.com 12 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Juli/August 2025

NACHRICHTEN Achter Versorgungsbericht der Bundesregierung Die Alterssicherung ist zukunftssicher Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Heiko Teggatz hat der Alterssicherung der Beamtinnen und Beamten des Bundes ein solides Fundament attestiert. Der Versorgungsbericht beinhaltet Berechnungen der in den nächsten 30 Jahren zu erwartenden Versorgungsleistungen. Bei einem Erörterungsgespräch im Bundesministerium des Innern sagte Teggatz am 19. Juni 2025: „Die Tragfähigkeit der Alterssicherungssysteme für die Beamtinnen und Beamten des Bundes ist gesichert – trotz der jüngst angestiegenen Zahl der Bediensteten.“ Mit dem Versorgungsbericht gebe es wieder ein verlässliches und seriöses Arbeitsmittel, um einen umfassenden und sachlichen Blick auf den Bestand und die Prognosen zur Alterssicherung zu erhalten. Die weitere demografische Entwicklung und die damit verbundenen längeren Versorgungslaufzeiten stellen das Alterssicherungssystem der Beamtenversorgung des Bundes zwar weiterhin vor Herausforderungen. Mit Blick auf die Zukunft blieb Teggatz dennoch optimistisch: „Diese Herausforderungen sind zu bewältigen. Der Bericht verdeutlicht und belegt, dass die Finanzierung aufgrund vieler getroffener Maßnahmen stabilen Parametern unterliegt und dabei zunehmend nachhaltig gesichert ist.“ Beispielsweise seien die Versorgungsausgaben des Bundes mit Versorgungsrücklage und Versorgungsfonds zu einem laufend ansteigenden Anteil teilkapitalgedeckt und generationengerecht veranschlagt. Teggatz weiter: „Die Erkenntnisse des Berichts sollten dazu beitragen, die jüngsten undifferenzierten und neidgetragenen Diskussionen über die eigenständige Alterssicherung der Beamtinnen und Beamten gegenüber der Rente zu versachlichen.“ Alle Alterssicherungssysteme in Deutschland müssten für die Zukunft auf eine solide und leistungsgerechte Basis gestellt werden. „Diese Basis soll die Verlässlichkeit für die Anspruchsberechtigten und die Finanzierbarkeit des Systems in ein ausgewogenes und gerechtes Verhältnis bringen“, forderte der dbb Vize. Grundlegende statusbedingte und systematische Unterschiede müssten dabei jedoch stets berücksichtigt werden. Die Bundesregierung erstellt seit 1996 in jeder Legislaturperiode einen Bericht, um über die wichtigsten Bestandsaufnahmen und Herausforderungen des eigenständigen Alterssicherungssystems der Beamtinnen und Beamten zu informieren. Der Bericht beinhaltet detaillierte Berechnungen der voraussichtlich in den nächsten 30 Jahren zu erwartenden Versorgungsleistungen. Der Achte Versorgungsbericht ist derzeit in der Abstimmung und wird dem Deutschen Bundestag vermutlich nach der parlamentarischen Sommerpause vorgelegt. _ Heiko Teggatz im BMI mit Referatsleiter D4 Lorenz Prell und Sally Paulisch, Referat D4. © dbb Mindestlohnerhöhung erzeugt Druck Die unabhängige Mindestlohnkommission empfiehlt, den Mindestlohn in zwei Schritten auf 14,60 Euro zu erhöhen. Das hat auch Folgen für den öffentlichen Dienst. „Der öffentliche Dienst leidet unter Personalmangel. Durch die Empfehlung der Mindestlohnkommission wird der Wettbewerb um Beschäftigte gerade in den unteren Einkommensgruppen noch einmal verschärft. Darauf werden die öffentlichen Arbeitgeber in den kommenden Einkommensrunden reagieren müssen. Ende des Jahres stehen Tarifverhandlungen mit den Ländern an und wir werden diese Entwicklung bei unserer Forderungsfindung berücksichtigen“, sagt dbb Tarifchef Andreas Hemsing am 27. Juni 2025. Kritik übte Hemsing an der Art und Weise, wie die Debatte über den Mindestlohn zuletzt geführt wurde: „Durch das Gezerre im Vorfeld ist die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission zumindest nicht gestärkt worden. Die Koalitionspartner der Bundesregierung haben hier sicherlich keinen vertrauensbildenden Beitrag geleistet.“ Aus seiner Sicht ist es wichtig, dass der Streit nicht den Blick darauf verdeckt, dass der Mindestlohn nur ein Instrument von mehreren ist, um faire Löhne sicherzustellen. Hemsing: „Deshalb erwarten wir, dass die Bundesregierung das geplante Bundestariftreuegesetz zeitnah realisiert. Davon würden zahlreiche Arbeitnehmende profitieren.“ Öffentliche Arbeitgeber AKTUELL 13 vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025

Die dbb Familie trauert um Ulrich Silberbach Nach schwerer Krankheit ist der ehemalige dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 25. Juni 2025 im Alter von 63 Jahren verstorben. Der neu gewählte dbb Bundesvorsitzende Volker Geyer würdigt Ulrich Silberbach im Namen des dbb: „Als dbb beamtenbund und tarifunion verlieren wir mit Uli Silberbach einen Bundesvorsitzenden, der sich mit Leib und Seele für den dbb und vor allem für die Kolleginnen und Kollegen eingesetzt hat. Er konnte auf die Menschen zugehen, ihnen zuhören sowie Sorgen und Wünsche aufnehmen. Seine freundliche rheinische Art hat ihm dabei viele Türen geöffnet. Uli Silberbach war ein aufrechter streitbarer Gewerkschafter, der keinen Konflikt scheute und für die gewerkschaftspolitischen Themen des dbb brannte: sei es in Tarifverhandlungen oder in Gesprächen mit der Politik — das Eintreten für einen starken und gut aufgestellten öffentlichen Dienst und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung, sein Streben nach mehr Miteinander und einem fairen Ausgleich der Interessen – das waren für Uli nicht nur Floskeln in Sonntagsreden. Dafür hat er ehrlich und überzeugt gestritten. Dieses Feuer, diese Leidenschaft werden uns allen fehlen. Die gesamte dbb Familie trauert mit seinen Angehörigen.“ Auf dem Gewerkschaftstag gratulierte Amtsvorgänger Klaus Dauderstädt Ulrich Silberbach am 20. November 2017 zur Wahl zum dbb Bundesvorsitzenden. Engagement im Zeichen von Vielfalt und Gemeinschaft: Ulrich Silberbach war ein fairer Ausgleich der Interessen besonders wichtig. © Andreas Pein © Marco Urban (6) vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025 14 AKTUELL

Ulrich Silberbach wurde am 27. August 1961 in Köln geboren. Nach der Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt Köln war er dort im Ordnungswesen tätig. Seiner umfänglichen gewerkschaftlichen Laufbahn widmete er sich zunächst in der komba gewerkschaft nrw, wo er später zum Landesvorsitzenden gewählt wurde. Von 2011 bis 2017 war Ulrich Silberbach Bundesvorsitzender der komba. Von 2001 bis 2014 war er darüber hinaus Vorstandsmitglied im DBB NRW. Ulrich Silberbach war seit 2003 im dbb Bundeshauptvorstand und seit 2006 im dbb Bundesvorstand vertreten. 2011 wurde er stellvertretender Bundesvorsitzender des dbb. Die Delegierten des dbb Gewerkschaftstages wählten ihn im November 2017 zum dbb Bundesvorsitzenden und bestätigten ihn 2022 für eine weitere Amtszeit. So lange es seine Kräfte zuließen, hat er das Amt kompetent, entschlossen und zugewandt ausgeübt. Durch seine schwere Erkrankung war er schließlich gezwungen, es mit Wirkung zum 23. Juni 2025 niederzulegen. Er hinterlässt seine Ehefrau, drei Kinder und zwei Enkel. „Ulrich Silberbach hinterlässt eine große Lücke: als streitbarer Gewerkschafter, überzeugter Demokrat und freundlich verbindender Mensch. Unser ganzes Mitgefühl gilt seiner Familie, der seine Liebe und Zuwendung galt, sowie seinen Freunden und Weggefährten, die Uli begleitet haben. Der dbb wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“ Am 16. Juli 2025 verabschiedeten sich Kolleginnen und Kollegen, Weggefährten und Freunde im Rahmen einer Gedenkfeier im dbb forum berlin von Ulrich Silberbach. Ne ben Volker Geyer sprachen der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern Bernd Krösser und der Intendant der Deutschen Welle Peter Limbourg. Eine Audiobotschaft von Ulrich Silberbachs Tochter Katharina Bayer bewegte die Trauernden. Trauerfeier für Ulrich Silberbach Besonders aktiv setzte sich Ulrich Silberbach bei Tarifverhandlungen für die Interessen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ein. Als kompetenter Ansprechpartner für die Presse stritt Ulrich Silberbach für die Belange des öffentlichen Dienstes in Deutschland. Am 29. November 2022 begrüßte Ulrich Silberbach den damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem dbb Gewerkschaftstag in Berlin. Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 1. Juni 2018. Auf der Festveranstaltung zum 100-jährigen Bestehen des dbb am 29. November 2018 mit Bundespräsident Frank- Walter Steinmeier in Berlin. © Friedhelm Windmüller © Presse und Informationsamt der Bundesregierung AKTUELL 15 vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025

DBB BUNDESHAUPTVORSTAND Neue dbb Spitze gewählt Volker Geyer ist neuer Bundesvorsitzender Der dbb Bundeshauptvorstand hat Volker Geyer am 23. Juni 2025 in Berlin zum neuen Bundesvorsitzenden des gewerkschaftlichen Dachverbands gewählt. Die Nachwahlen waren notwendig geworden, nachdem der bisherige dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt erklärt hatte. Der Bundeshauptvorstand ist das höchste Entscheidungsgremium des dbb beamtenbund und tarifunion zwischen den Gewerkschaftstagen. 138 der 139 der wahlberechtigten Delegierten stimmten bei einer Enthaltung für den bisherigen stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Fachvorstand Tarifpolitik. Zu Geyers Nachfolger in dieser Position sowie zum zweiten Vorsitzenden des dbb wählten die Delegierten Andreas Hemsing, bisher ebenfalls stellvertretender dbb Chef und Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft. Auf den dadurch frei werdenden Stellvertreterposten in der dbb Bundesleitung wählte das Gremium Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer Gewerkschaft (DSTG). Die nächsten ordentlichen Wahlen finden auf dem dbb Gewerkschaftstag im November 2027 statt. Würdigung für Ulrich Silberbach Volker Geyer würdigte die herausragenden Verdienste und die beeindruckende Persönlichkeit seines Vorgängers: „Ulrich Silberbach war in den vergangenen sieben Jahren nicht nur unser Chef und Leitwolf. Er ist unser Freund und Rückhalt in der gewerkschaftlichen Arbeit und weit darüber hinaus. Wer die Gelegenheit hatte, mit Uli Silberbach zusammenzuarbeiten, konnte sich nicht nur auf seine Fachkompetenz und politisches Fingerspitzengefühl verlassen, sondern auch auf seine menschliche Zugewandtheit und Loyalität.“ Silberbach habe den dbb in schwierigen Zeiten zusammengehalten und sich enorme Verdienste in der Beamten und Tarifpolitik, in der Diskussion um die Modernisierung und Digitalisierung des öffentlichen Dienstes und in der Stärkung der Personal und Betriebsratsarbeit erworben. „Es ging Uli immer um die Kolleginnen und Kollegen, um ihre Interessen, den Respekt vor ihrer täglichen Leistung und den fairen Umgang der öffentlichen Arbeitgeber mit ihren Beschäftigten.“ An die Bundesregierung richtete der neue dbb Chef die Forderung, umgehend in die Sacharbeit einzusteigen. Geyer: „Wir haben einiges zu tun: Der Bund schuldet seinen Beamtinnen und Beamten weiter die zeitgleiche und systemgerechte Übernahme des Tarifergebnisses vom Frühjahr, die lange überfällige Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung bei den Bundesbeamten auf 41 Stunden und die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zur amtsangemessenen Alimentation, um nur drei zentrale Themen zu nennen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf und wir werden nicht lockerlassen, bis wir zufriedenstellende Lösungen erreichen.“ Pressekonferenz zur Zukunft des öffentlichen Dienstes: Volker Geyer (rechts) erläuterte am 24. Juni 2025 die Erwartungen des dbb an die Bundespolitik. Die Mitglieder des dbb Bundeshauptvorstandes würdigten die Verdienste von Ulrich Silberbach, der den dbb seit November 2017 geführt hat. © Marco Urban © Kerstin Seipt (6) 16 AKTUELL vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025

Der Bundesminister des Innern, Alexander Dobrindt (CSU), der auf dem Bundeshauptvorstand zu Gast war, unterstrich in seiner Rede: „Die Übertragung ist auch unser Ziel.“ Mit Blick auf die amtsangemessene Alimentation signalisierte Dobrindt, eher nicht auf den bisherigen Entwurf der Bundesregierung zurückgreifen zu wollen, das Thema jedoch bald „erfolgreich und im Sinne der Beschäftigten“ zu erledigen. „Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes ist entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Staates in den kommenden Jahrzehnten“, so Dobrindt. Dialog mit Innenminister Auch ein vertiefendes Gespräch mit Dobrindt nutzte Geyer, um die für den dbb dringendsten Themen zu erörtern. Im Fokus standen dabei die amtsangemessene Alimentation, die zeit und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses für die Beschäftigten von Bund und Kommunen auf Bundesbeamte sowie die überfällige Reduktion der Wochenarbeitszeit für Bundesbeamte. Geyer bot darüber hinaus die Expertise des gewerkschaftlichen Dachverbands an, um beim Thema Bürokratieabbau endlich einen entscheidenden Schritt voranzukommen: „Pauschale Stelleneinsparungen lehnen wir weiterhin klar ab. Wir fordern aber seit Jahren eine ehrliche Aufgabenkritik. Politik muss den Bürgerinnen und Bürgern sagen, welche Aufgaben der Staat noch übernehmen soll und kann – und welche eben nicht. Wir sind da ganz klar: Lieber ein gutes Gesetz, das dann auch wirklich umgesetzt wird, als zehn gut gemeinte Gesetze, deren Einhaltung ohnehin niemand kontrolliert. Wenn Recht und Gesetz nicht durchgesetzt werden, ist das Gift für eine demokratische Gesellschaft.“ Mit Blick auf den Tag des öffentlichen Dienstes, der jedes Jahr am 23. Juni stattfindet, betonte Geyer: „Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für ihren unermüdlichen Einsatz. Leider erfahren viele Beschäftigte statt Respekt für ihre wichtige Arbeit inzwischen verbale und physische Gewalt.“ Auch das sei eine Folge des Vertrauensverlusts der Bürgerinnen und Bürger in den Staat. „Diesen Trend umzukehren, ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft“, so Geyer. _ Bundesinnenminister Alexander Dobrindt trat für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes ein. Die Delegierten wählten Andreas Hemsing zum Zweiten Vorsitzenden und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb. Florian Köbler rückt als stellvertretender Bundesvorsitzender in die Bundesleitung des dbb auf. Die Abstimmungen fanden in geheimer Wahl statt. Volker Geyer im Gespräch mit Alexander Dobrindt. AKTUELL 17 vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025

INTERVIEW Volker Geyer, Bundesvorsitzender des dbb beamtenbund und tarifunion „Unsere Geschlossenheit macht uns stark!“ Seit dem 23. Juni, passenderweise der internationale Tag des öffentlichen Dienstes, ist Volker Geyer der neue dbb Bundesvorsitzende. Im großen Interview zum Amtsantritt spricht er über die Trauer um Uli Silberbach, die Pläne für seine Amtszeit und wie er früh gelernt hat, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist. Wir müssen unsere Demokratie offensiv verteidigen. Der öffentliche Dienst und insbesondere das Berufsbeamtentum spielen dabei eine entscheidende Rolle. Herr Geyer, hinter Ihnen liegen aufreibende Wochen. Seit drei Wochen sind Sie nun Bundesvorsitzender. Wie geht es Ihnen heute? Mir geht es gut, danke. Nicht nur die vergangenen Wochen waren aufreibend, sondern sogar die vergangenen Monate. Uli Silberbach und Waldemar Dombrowski waren beide lange erkrankt, und ich habe als verbliebenes hauptamtliches Mitglied der Bundesleitung so gut es geht versucht, diese Lücken zu füllen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Alleine hätte ich das nicht geschafft. Es sind ja nicht ohne Grund drei Ämter. Aber der gesamte dbb und insbesondere die Mitglieder der Bundesleitung arbeiten zum Glück sehr kollegial zusammen. Gemeinsam haben wir unser Bestes gegeben und ich denke, unter den gegebenen Umständen ist es uns gut gelungen – auch wenn gerade Uli natürlich große Fußspuren hinterlassen hat. Mit Uli Silberbach haben Sie schon lange zusammengearbeitet. Ja. Mit dem Tod von Uli habe ich nicht nur einen Kollegen verloren, sondern einen Freund. Gerade deshalb finde ich es wichtig – und ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin –, dass wir Ulis Arbeit bewahren und fortführen. Gleich zu seinem Amtsantritt hat er klargemacht: Wer nicht mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht, hat bei uns nichts zu suchen – weder im öffentlichen Dienst noch im dbb. Diese klare Haltung war vorbildlich, gerade weil Extremisten und Populisten weltweit auf dem Vormarsch sind. Wir müssen unsere Demokratie offensiv verteidigen. Der öffentliche Dienst und insbesondere das Berufsbeamtentum spielen dabei eine entscheidende Rolle. Und es ist unsere Aufgabe als gewerkschaftlicher Dachverband, den Kolleginnen und Kollegen den Rücken zu stärken. Inwiefern? Erstens: Das beste Bollwerk gegen Extremismus und Vertrauensverlust bei der Bevölkerung in die Demokratie ist ein handlungsfähiger Staat. Hier gilt unsere Agenda: Wir brauchen eine konsequente Aufgabenkritik, daraus folgend eine sachgerechte Personalausstattung und eine umfassende Digitalisierung. Zweitens: besserer Schutz für die Beschäftigten. Wenn Übergriffe gegen Amtsträger aller Art, gegen unsere Kolleginnen und Kollegen, zunehmen, dann muss der Staat sich vor seine Leute stellen. Nicht nur aus Fürsorgepflicht, die selbstverständlich sein sollte, sondern weil mangelnder Respekt gegenüber den Beschäftigten immer auch Ausdruck mangelnden © Andreas Pein 18 AKTUELL vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025

Respekts vor unseren demokratisch legitimierten staatlichen Institutionen ist. Das dürfen wir nicht dulden. Sonst finden wir bald niemanden mehr, der im öffentlichen Dienst arbeiten oder für öffentliche Ämter kandidieren möchte. Haben Sie den Eindruck, dass etwa in der Bundespolitik allen der Ernst der Lage bewusst ist? Ich halte nicht viel von pauschalen Vorwürfen. Das hängt immer von den konkreten Personen ab. In meinen Gesprächen mit Bundesinnenminister Alexander Dobrindt in den vergangenen Tagen habe ich aber beispielsweise schon den Eindruck, dass ihm der Handlungsdruck bewusst ist. Gerade beim Bund haben wir ja ganz konkrete offenen Baustellen, die zügig geschlossen werden müssen: die Übertragung des Tarifergebnisses aus dem April auf die Bundesbeamtinnen und beamten, die Rückführung ihrer Wochenarbeitszeit und nicht zuletzt die Umsetzung der Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation. Die Kolleginnen und Kollegen sind an das Gesetz gebunden, fühlen sich dem Recht verpflichtet. Da ist es schwer erträglich, wenn der eigene Dienstherr höchstrichterliche Urteile ignoriert oder deren Umsetzung verschleppt. Auch das ist nicht gesund für eine Demokratie. Sie haben das Thema Digitalisierung angesprochen, einen echten Dauerbrenner. Welche digitale Dienstleistung haben Sie privat zuletzt in Anspruch genommen? Tatsächlich bevorzuge ich immer noch den analogen Weg, wenn es um die Verwaltung geht. In meiner Heimat in Franken ist es allerdings auch deutlich leichter, an einen Termin beim Bürgeramt zu kommen, als beispielsweise in Berlin. Ich schätze den persönlichen Kontakt und nutze ohnehin jede Gelegenheit, um die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu erleben. Ein großes Problem im Verhältnis zwischen Politik und öffentlichem Dienst ist meines Erachtens, dass zu wenige Entscheider echte Einblicke in die alltägliche Verwaltungsarbeit haben. Welche Schlüsse ziehen Sie aus dieser Erfahrung? Erstens: Eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung ist essenziell. Allerdings darf diese nicht dazu führen, dass der analoge Zugang vor Ort für die Bürgerinnen und Bürger schrittweise abgeschafft wird. Wir brauchen vielmehr beides: digitale Dienstleistungen einerseits, die Möglichkeit, alle Angelegenheiten auf dem Amt zu erledigen, andererseits. Übrigens: Beide Wege bedingen einander. Je verfügbarer und unkomplizierter der digitale Behördengang ist und damit Beschäftigte entlastet werden, desto mehr Kapazitäten gibt es für die persönliche Beratung, gerade in komplexen Angelegenheiten. Zweitens: Die Digitalisierung von staatlichen Dienstleistungen muss konsequent aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger gedacht werden. Das bedeutet, dass die Vernetzung staatlicher Stellen untereinander deutlich verbessert werden muss. Aus Sicht der Bevölkerung ist es doch überhaupt nicht nachvollziehbar, warum man gegenüber der Verwaltung immer wieder die gleichen Daten angeben muss, obwohl diese eigentlich bei anderen Behörden bereits vorliegen. Drittens: Es darf nicht länger eine Schaufensterpolitik in diesem Bereich geben. Ein ausfüllbares PDF ist keine gelungene Digitalisierung, wenn es danach in der Dienststelle wieder ausgedruckt und abgeheftet wird. Stattdessen sollten wir die Chance nutzen und jeden einzelnen Verwaltungsprozess unter die Lupe nehmen: Brauchen wir das noch? Oder kann das weg? Die neue Bundesregierung hat erstmals ein eigenes Ministerium für Staatsmodernisierung und Digitalisierung. Macht Ihnen das Hoffnung? Wir stehen auf jeden Fall bereit! Die Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis, ihre gewählten Personalvertretungen, ihre Fachgewerkschaften und natürlich auch wir als Dachverband brennen darauf, dass wir endlich Fortschritte erzielen. Uns allen ist klar: Es wird eine Herkulesaufgabe, zukünftige Stellen zu besetzen, denn selbst mit optimalen Beschäftigungsbedingungen wird es auf dem Arbeitsmarkt aufgrund des demografischen Wandels eng. Ohne mehr Effektivität und Effizienz droht also die Belastung für die Beschäftigten immer größer und der Staat schlussendlich handlungsunfähig zu werden. Wir werden mit aller Macht dafür kämpfen, dass es nicht so weit kommt. Stichwort „kämpfen“: Schon Ende des Jahres steht die nächste Einkommensrunde mit den Ländern an – ohne Arbeitskampf wird es auch da wieder nicht gehen, oder? Jede Einkommensrunde der letzten Jahre war hart, weil die Verteilungskämpfe schärfer werden. Aber jetzt ist nicht die Zeit für Streikaufrufe. Noch nicht. Ab September starten wieder die Regionalkonferenzen, um mit den Kolleginnen und Kollegen über mögliche Themen zu diskutieren. Dann wird die Bundestarifkommission die Forderung am 17. November beschließen und am 3. Dezember starten die Verhandlungen. Die Länder wissen aber um die Notwendigkeit, in die Daseinsfürsorge zu investieren. Wir sind ja auch abseits der Einkommensrunden immer in Gesprächen. Also gehen Sie mit Zuversicht in die Verhandlungen? Ich bin grundsätzlich ein positiver Mensch und gehe in jede Verhandlung mit Zuversicht. Ich bin mit 27 Jahren erstmals Personalratsvorsitzender bei der damaligen Deutschen Bundespost geworden. Das war genau in der Zeit, in der die Post in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und ich damit vom Personal zum Betriebsrat wurde. Da ging es für viele Kolleginnen und Kollegen um existenzielle Fragen. Damals habe ich vor allem zwei Dinge gelernt: dass Angst ein ganz schlechter Ratgeber für einen Gewerkschafter ist. Und dass Solidarität unter den Beschäftigten unglaublich viel bewegen kann. Und genauso möchte ich auch den dbb sehen und so will ich ihn führen: mutig vorangehen und mit großer Geschlossenheit für einen starken öffentlichen Dienst in Deutschland kämpfen. _ Die Digitalisierung von staatlichen Dienstleistungen muss konsequent aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger gedacht werden. AKTUELL 19 vbob Magazin | dbb seiten | Juli/August 2025

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