vbob Magazin 5/2025

GEWERKSCHAFT BUNDESBESCHÄFTIGTE MAGAZIN Stellungnahme zur „Initiative handlungsfähiger Staat“ mit dbb seiten 5 Mai 2025 • 75. Jahrgang

< Editorial in der Organisationsstruktur ausgenommen wäre. Die Veränderungen sind teils erheblich und werden uns noch länger beschäftigen. Am Ende wird es Verwaltungsvereinbarungen zwischen aufnehmenden und abgebenden Häusern geben. Da gilt es, sich aktiv mit der Personalvertretung einzubringen und für Kolleginnen und Kollegen, die ihren Aufgaben nicht folgen wollen und den Bereich wechseln möchten, gegebenenfalls Optionen zu eröffnen. Wie umfangreich die geplanten Veränderungen sind, habe ich bei der Lektüre des Koalitionsvertrages festgestellt. Ich empfehle Ihnen auch die Lektüre des Zwischenberichtes der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“, auf dem viele der im Koalitionsvertrag verankerten Veränderungen fußen und der im Koalitionsvertrag als dort dokumentierte Bezugsquelle für Bürokratieabbau und Modernisierung respektive Stellenabbau für die neue Koalition dient. Wir haben unserer Dachorganisation dbb dazu eine umfangreiche Stellungnahme des vbob zugeleitet und entsprechende Vorschläge für den weiteren Umgang mit der Initiative, deren Abschlussbericht für den Sommer 2025 avisiert ist, gemacht. Dazu lesen Sie in dieser Ausgabe eine Zusammenfassung. Wir werden jedenfalls nicht lockerlassen, die Pauschalisierungen durch die Koalitionäre nicht nur zu kritisieren, sondern unseren Einfluss geltend zu machen, dass auch durch uns Beschäftigte gesehene Veränderungen und notwendiger Bürokratieabbau in der Bundesverwaltung nicht ausschließlich zulasten der Beschäftigten geht beziehungsweise gedacht wird. Der Bundeshauptvorstand hat Anfang April in Präsenz getagt. Bei dieser Gelegenheit hatte ich nach Bestätigung durch den Bundeshauptvorstand die Freude, mit Yannik Bayerle unseren neuen Bundesjugendvertreter willkommen zu heißen. Lieber Yannik, auch von dieser Stelle herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit! Lesen Sie in dieser Ausgabe einen kurzen Bericht auch zu den aus Anlass der Sitzung des Bundeshauptvorstandes vorgenommenen besonderen Ehrungen. Noch einen wichtigen Hinweis: Erst mit Aufnahme der Amtsgeschäfte durch eine Bundesinnenministerin oder einen Bundesinnenminister der neuen Regierung haben wir eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner für das Thema Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten. Auch hier haben wir mit dem dbb unsere Forderungen formuliert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es zeigt sich zurzeit wieder, wie wichtig Gewerkschaften für die Interessenvertretung der Beschäftigten gegenüber Politik und Verwaltung sind. Fragen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen bitte auch weiterhin, ob Interesse an einer Mitgliedschaft und Mitarbeit in unserer Solidargemeinschaft vbob besteht. Nähe ist unsere Stärke! Mit besten Grüßen Ihr Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, am 9. April 2025 haben CDU/CSU und SPD ihren Plan für eine mögliche gemeinsame Regierung auf Bundesebene als Entwurf eines Koalitionsvertrages vorgelegt. Zu dem gemeinsamen Papier müssen die beteiligten Parteien noch die Zustimmung in ihren Parteien einholen. Die CSU hat dies bereits durch einen Vorstandsbeschluss bewältigt, die CDU wird dazu einen kleinen Parteitag abhalten und die SPD hat eine Mitgliederbefragung eingeleitet. Erste Terminvorschläge zur Wahl eines neuen Bundeskanzlers kursieren bereits; Inhalte des Koalitionsvertrages werden durch Vertreterinnen und Vertreter der Parteien bereits vor der formalen Annahme durch die beschriebenen Zuständigen kontrovers diskutiert, inhaltlich ausgelegt und bewertet. Gleichzeitig, denn es geht ja um Deutschland, werden Personallisten zur Besetzung wichtiger Posten der neuen Bundesregierung gestreut und deren Namen gleich wieder zurückgezogen. Das scheint tatsächlich für heutige Verhältnisse normal. In der Bundesverwaltung, insbesondere den Bundesministerien, herrscht zurzeit erhebliche Unruhe bei den von Verschiebungen zwischen Ministerien oder der Neugründung eines neuen Digitalministeriums betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Jetzt sind wir als Solidargemeinschaft vbob und unsere Personalräte gefragt. Wir haben rechtzeitig vor Beginn dieser erwartbaren „Verschiebeaktionen durch eine neue Bundesregierung“ unseren Personalräten ein Papier zu den Beteiligungsrechten in solchen Fällen zugeleitet, um darauf vorzubereiten. Die Schwierigkeit bei solchen zu Beginn von Legislaturperioden üblichen politischen Veränderungsbeschlüssen durch Koalitionäre ist, dass diese allein wissen, warum das notwendig und sinnvoll ist. Dieses Verständnis teilen wir nicht zwingend als vbob und zumeist erst recht nicht die von diesen Umsetzungen unmittelbar betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Nach meiner Kenntnis gibt es kein Ministerium, welches von Veränderungen © Reimo Schaaf Frank Gehlen Bundesvorsitzender 3 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

< dbb <Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments: Ohne Europa geht nichts mehr 13 <Tarifabschluss öffentlicher Dienst Bund und Kommunen: Wichtige Fortschritte stecken im Detail 14 <Sicherheitskräfte an Flughäfen: Tarifabschluss sorgt für Verbesserungen 15 <Koalitionsvertrag: Zwischen Reformwillen und Handlungsdruck 16 <Konzept für Staatsreform: Mehr Vertrauen und Innovation wagen 19 <Dorothee Feller, Ministerin für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen: Ein Digitalpakt 2.0 muss bürokratiearm sein 24 <Bildungsinvestitionen: Zeit für den großen Wurf 26 <Lehrkräftebildung: Der Lehrkräftemangel erfordert hohe Standards 28 <Wissenschaftsstandort Deutschland: Befristung als Karrierekiller 29 <Berufsausbildung: Berufe, die die Stadt dringend braucht 31 <Berufliche Bildung am OSZ II Barnim: „Ich habe keinen im Keller liegen“ 32 < Impressum Herausgeber des vbob Magazins: Bundesvorstand vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte. Dreizehnmorgenweg 36, 53175 Bonn. Telefon: 0228.9579653. Telefax: 0228.9579654. E-Mail: vbob@ vbob.de. Internet: www.vbob.de. Hauptstadtbüro Berlin. Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. E-Mail: vbob.berlin@dbb.de. Bundesvorsitzender: Frank Gehlen. Redaktion: Anne-Katrin Hoffmann, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.40816900. Telefax: 030.40816930. Titelfoto: © respiro888 – stock.adobe.com. Herausgeber der dbb Seiten: Bundesleitung des dbb beamtenbund und tarifunion – Bund der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors – Friedrichstraße 169, 10117 Berlin. Telefon: 030.4081-40. Telefax: 030.4081-5598. Internet: www.dbb.de. Leitender Redakteur: Jan Brenner (br). Bezugsbedingungen: Das vbob Magazin erscheint zehnmal im Jahr und wird allen vbob Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft gegen Beitrag geliefert. Nichtmitglieder bestellen in Textform beim DBB Verlag. Inlandsbezugspreis: Jahresabonnement 52,50 Euro zzgl. 9,30 Euro Versandkosten, inkl. MwSt.; Mindestlaufzeit 1 Jahr. Einzelheft 6,00 Euro zzgl. 2,00 Euro Versandkosten, inkl. MwSt. Abonnementkündigungen müssen bis zum 1. Dezember in Textform beim DBB Verlag eingegangen sein, ansonsten verlängert sich der Bezug um ein weiteres Kalenderjahr. Verlag: DBB Verlag GmbH. Internet: www.dbbverlag.de. E-Mail: kontakt@dbbverlag.de. Verlagsort und Bestellanschrift: Friedrichstraße 165, 10117 Berlin. Telefon: 030.7261917-0. Telefax: 030.7261917-40. Layout: Dominik Allartz. Anzeigen: DBB Verlag GmbH, Mediacenter, Dechenstraße 15 a, 40878 Ratingen. Telefon: 02102.74023-0. E-Mail: mediacenter@dbbverlag.de. Anzeigenleitung: Marion Clausen, Telefon: 030.7261917-32, E-Mail: marion.clausen@dbbverlag.de. Anzeigendisposition: Britta Urbanski, Telefon: 02102.74023-712. Preisliste 66 (dbb magazin) und Preisliste 45 (vbob Magazin), gültig ab 1.1.2025. Druckauflage dbb magazin: 550799 (IVW 1/2025). Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinen. Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42–50, 47608 Geldern. ISSN 1437-997X <Stellungnahme: Wie bewertet der vbob die „Initiative handlungsfähiger Staat“? 4 <Kommentierte Pressestimmen 10 <Jubilare im Mai: Wir gratulieren … 11 <Bundeshauptvorstand: Frühjahrssitzung mit besonderen Jubilaren 12 < Inhalt Stellungnahme Wie bewertet der vbob die „Initiative handlungsfähiger Staat“? Eine ungewöhnlich hohe mediale und politische Aufmerksamkeit erzeugte die Stiftungsinitiative ohne den in solchen Zusammenhängen regelmäßig vorhandenen öffentlich-rechtlichen Auftrag durch die hochrangigen teilnehmenden öffentlichen Personen, die Initiatorin beziehungsweise die Initiatoren der Initiative für einen handlungsfähigen Staat: die Gemeinnützige Hertie-Stiftung. Nicht nur ein mit hochrangigen wissenschaftlichen Expertinnen und Experten besetzter Kreis, sondern auch die Schirmherrschaft des amtierenden Bundespräsidenten. Gleichsam erstmalig ist auch der Bezug auf die Ergebnisse der Initiative im Entwurf des Koalitionsvertrages der designierten neuen Bundesregierung ohne nähere Konkretisierung respektive fachliche Einschränkung/Einordnung auf die eigenen politischen Ziele. Hinzu kommt der erstmalige Umstand, dass nicht die Inhalte aus den Empfehlungen des Normenkontrollrates handlungsleitend (gleichwohl in vielen Teilen gleichlautend) sind, sondern die eines „nicht staatlichen Gremiums“. < Wie ist das einzuordnen in die aktuelle gesellschaftspolitische Situation? Der Verlust wirtschaftlicher Dynamik, die Erstarrung und Spaltung der Gesellschaft sowie eine festzustellende mentale Depression bilden, wie zu Zeiten der bekannten „Ruckrede“ des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog, auch heute einen destruktiven Dreiklang. Dies lähmt die Gesellschaft auch für Reformen und damit bei der Gestaltung der Zukunft. Verunsicherung und Angst tre4 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

ten an die Stelle von Mut und Initiative. Regelungswut durch Politik und daraus folgender Bürokratismus ersticken Modernisierung, Leistung und Freiheit. Bürgerinnen und Bürger überfordern den Staat, wie umgekehrt der Staat seine Menschen. Eine Individualisierung der Gesellschaft zulasten der Gemeinschaft scheint „normal“ geworden zu sein. Die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ stößt insoweit eine gesellschaftliche Debatte an. Wir als vbob sind jedenfalls bereit, unseren Teil dieser Verantwortung mitzutragen und die Zukunft für die Bundesverwaltung mitzugestalten. Im Folgenden werden einige Empfehlungen der Initiative eingeordnet und aus vbob Sicht bewertet. < Gesetzgebung Wir begrüßen die Empfehlungen, Gesetzgebungsverfahren gründlicher, integrativer, transparenter und vollzugsorientierter zu gestalten. Der offene Referentenentwurf („Eckpunkte“) hat sich zum Beispiel bei der Novelle des Bundespersonalvertretungsgesetzes bewährt. Auf der Basis von Eckpunkten wurde mit fachlich versierten Menschen aus den Behörden, Gewerkschaften und Personalvertretungen ein Austausch auf Augenhöhe geführt. Wenig praxisorientierte Aspekte wurden herausgenommen und rechtlich oder technisch sinnvolle Aspekte eingefügt. Die Transparenz im Verfahren und die sorgfältigen Beratungen (im Gegensatz zu den zuletzt immer häufigeren, kurzfristigen Wochenend- und Ferienvorlagen) von den Eckpunkten bis zur Beteiligung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften gemäß § 118 BBG im parlamentarischen Verfahren erhöhte die Akzeptanz bei den Beteiligten. Für bedeutsam erachten wir als vbob auch die Mitnahme der Beschäftigten aus den Verwaltungen in geeigneter Form, da sie die Vorgaben von Gesetzgebung und Rechtsprechung vor Ort praktisch umsetzen müssen. Außerdem sollte jedes Gesetz mit einem „Überprüfungs- oder Verfallsdatum“ zur Entbürokratisierung belegt werden können. Dabei gilt der Grundsatz, dass weniger manchmal mehr ist. Das entspräche auch dem Duktus der Initiative in weiteren Empfehlungen. < Föderalismus Es gehört zu den verfassungsgemäßen Aufgaben jeder Bundesregierung, gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet herzustellen. Die 2006 durchgeführte Föderalismusreform, nach der sowohl der Bund als auch die Bundesländer eigenverantwortlich für die Besoldung und Versorgung zeichnen, hat das Besoldungsgefüge zwischen Bund und Ländern fragmentiert. Denn mit der Übertragung der Zuständigkeit für die Besoldung auf die Länder ging die einheitliche Bezahlung vollends verloren. Die Lücke zwischen den Ländern bei der Bezahlung der Beamtinnen und Beamten beträgt inzwischen mehr als zehn Prozent, was sich aus unterschiedlichen Besoldungsgesetzen und Besoldungsanpassungen ergibt. Eine Besonderheit am Rande ist, dass die Bundesländer inzwischen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 zur verfassungsgemäßen Besoldung umgesetzt haben, der Bund immer noch nicht! Diese Situation für die Betroffenen in den Verwaltungen ist unbefriedigend und frustrierend. Nimmt man alle Beamtenberufe zusammen, „klafft zwischen Berlin und Bayern eine Besoldungslücke von fast 20 Prozent“. Das führt unweigerlich zur sogenannten Kannibalisierung des Personals im öffentlichen Dienst durch Ab­ © Coloures-Pic/stock.adobe.com 5 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

werbung der Beschäftigten untereinander. Ergänzende gesetzliche Regelungen, wie zum Beispiel das Fachkräftegewinnungsgesetz und das Besoldungsstrukturmodernisierungsgesetz, sollten Besoldungsunterschiede einzelner Länder gegenüber dem Bund durch Zulagen ausgleichen. Das ist allerdings keine durchgreifende strukturelle Reform des Dienstrechts. Im Wettbewerb um den knapper werdenden Nachwuchs sowie zur Sicherstellung eines leistungs- und funktionsfähigen öffentlichen Dienstes mit fachlich hoch qualifizierten Beschäftigten, deren Berufs- und Lebenserfahrung gehalten werden soll, ist eine Föderalismusreform zwingend. Dabei ist das Beamtenstatusrecht an die modernen Bedingungen anzupassen. Beamten- und Besoldungsrecht sollten wieder bundeseinheitlich zusammengeführt und damit auch die Kannibalisierung zwischen den öffentlichen Arbeitgebern beendet werden. Der vbob hat im Zusammenhang mit den Bundestagswahlen bereits auf weitere Inhalte einer Modernisierung des Dienst- und Tarifrechts in einem Forderungspapier ausführlich Stellung genommen. Dem Grundsatz der Beteiligung der Beschäftigten sowie der statusabhängigen Gestaltung der Beschäftigungsbedingungen darf weder im Beamtenrecht noch im Tarifrecht durch fehlorganisatorische Entscheidungen einer Bundesregierung (wie bei der vorgeschlagenen Zentralisierung außerhalb des Verfassungsministeriums) zuwidergehandelt werden. Eine ebenenübergreifende Vereinheitlichung des Rechtes im Rahmen einer Föderalismusreform würde zusätzliche Möglichkeiten für den Staat, seine Beschäftigten und deren Interessenvertretungen schaffen. < Digitaler Staat und Verwaltung Ein handlungsfähiger Staat ist eine wichtige Säule unserer Gesellschaft und ein wesentlicher Baustein für die Attraktivität Deutschlands als Wirtschaftsstandort. Die Beschäftigten stehen für Verlässlichkeit, Stabilität, Leistungsbereitschaft und vertrauenswürdiges Arbeiten. Mit ihrer täglichen kreativ-dispositiven Arbeit tragen sie trotz stetigem Aufgabenzuwachs ohne Aufgabenkritik und überbordender Bürokratie mit dazu bei, die Herausforderungen der unzureichend umgesetzten Digitalisierung, des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels, insbesondere in den technischen Berufen, zu bewältigen. Die Beschäftigten wollen durch gute Arbeit und Dienstleistung weiterhin das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat erhalten und stärken. Sie wollen die Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung des Bundes gerne umsetzen. Die im Papier beschriebene Kultur der Absicherungsmentalität und Formalqualifikationen spiegeln auch Rückmeldungen von Beschäftigten wider. Erklärbar ist das jedoch mit Blick auf den Anspruch auf Rechtssicherheit bei getroffenen (Verwaltungs-)Entscheidungen, die in einem Rechtsstaat, wie Deutschland einer ist und bleiben soll, einer gerichtlichen Überprüfung standhalten müssen. Hier kommen unseres Erachtens viele beschriebene Faktoren zusammen: Anwendungsverpflichtung einer Flut von Gesetzen und Verordnungen sowie dazu erlassener Rundschreiben ebenso wie Einflussnahme von (politischer) Führung durch Vorgaben und deren Berücksichtigung im Verwaltungsgang. Dieser stark juristisch, also regelbasierte Ansatz der Exekutive sollte in einem Endbericht der Initiative deutlich konkreter in Gegenüberstellung mit der geforderten „praktischen Kompetenz“ eingeordnet und bewertet werden. Eine plumpe Aufforderung zu mehr Praktikabilität enthebt die Beschäftigten nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung von Recht und Gesetz. Beschäftigte können im Sinne der Forderungen des Papiers deutlich freier agieren, wenn sie bei einer angestrebten „neuen Personalkultur“ mitgenommen und nachvollziehbare Reformen eingeleitet werden. Die Idee der Initiative zur Ergänzung eines neu zu schaffenden Digitalministeriums um das Thema Verwaltung geht unseres Erachtens fehl. Das Querschnittsthema Digitalisierung macht nach den bisherigen dezentralen Organisationsansätzen mit den Abstimmungsproblemen und den vielfältigen Gremien und Abstimmungsebenen auch aus unserer Sicht Sinn. Eine Zentralisierung von Zuständigkeiten für Personalangelegenheiten wie -planung, -abbau, Fehler- und Führungskultur und der Zuständigkeit für das Dienstrecht hat weder etwas mit der Frage der Digitalisierung noch mit dem Ressortprinzip des Grundgesetzes noch mit dem Verständnis von Personal- oder Behördenkultur und der zu Recht eindeutigen Zuständigkeit des Verfassungsministeriums zu tun. Dieser Vorschlag ist unseres Erachtens völlig abwegig und missachtet die bereits vorhandenen Erfahrungen mit sol­ © dessauer/Fotolia 6 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

chen Versuchen im Bereich der Personalgewinnung für den Geschäftsbereich, insbesondere des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Diese Erfahrungen für die gesamte Bundesverwaltung ausrollen zu wollen, zeugt überraschenderweise trotz der grundsätzlich unterstellten vorhandenen Erfahrung der Initiatoren von einer allenfalls planwirtschaftlichen Sichtweise. Es mag zwar aus dem Bereich der Unternehmen die Idee einer Corporate Identity geben, für die Bundesverwaltung eine „Einheitskultur“ zentral entwickeln und vorgeben zu lassen, ist aus unserer Sicht absurd lebensfremd, hat nichts mit dem partizipativen Ansatz junger Menschen als Nachwuchs in der Bundesverwaltung oder Identifikation mit dem Arbeitgeber zu tun und wird daher von uns rundweg abgelehnt. Dass die Zentralabteilungen der einzelnen Ressorts durch ein solches Vorgehen entmachtet werden, ist von dort zu bewerten. Dass durch eine solche Maßnahme jedoch die Personalvertretungen ihrer Mitbestimmungsmöglichkeiten in deren zentralsten Bereich Personal beraubt werden, ist ein untragbarer Angriff auf einschlägige Bestimmungen des Grundgesetzes, des Betriebsverfassungs- sowie des Bundespersonalvertretungsrechts. Das muss vonseiten der Gewerkschaften einheitlich bekämpft werden. < Sicherheit und Migration Als vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte stehen wir zum Asylrecht. Politisch Verfolgte müssen sich darauf verlassen können, gerade und auch in Deutschland einen sicheren Hafen finden zu können. Zum sicheren Zufluchtsort gehören rechtsstaatliche, zügige Verfahren, um die Sachverhalte zu klären. Dazu sind die Dienststellen mit ausreichendem Personal auszustatten. Die überhitzte Debatte, die kaum noch zwischen Asyl, Wirtschaftsflüchtlingen, Zuwanderung wegen Fachkräftemangel und Kriminalität zu differenzieren scheint, wird auch im Zwischenbericht zu sehr auf Einschränkungen des Datenschutzes und Organisation von Abschiebungen begrenzt. Die bei Sicherheitsbehörden geforderte datenschutzkonforme Zugangsmöglichkeit der beteiligten Behörden auf die andernorts vorhandenen Daten ist auch für die am Asylverfahren beteiligten Behörden wesentlich. Dass die Abschiebungen auf Bundesebene konzentriert werden sollen, ist eine klare Zuständigkeitsregelung, die unter anderem verfahrensverlängernde Diskussionen um die Abschiebung durch die politisch unterschiedliche Haltung von Landesregierungen vermeiden helfen kann. In Anbetracht des Fehlens der Unterbringungsmöglichkeiten und der somit auch neu zu gestaltenden Einrichtungen ist die Expertise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auch hinsichtlich der Konzipierung einzubeziehen. Diese beinhaltet auch klare rechtliche Ermächtigungen der haftbeantragenden Behörden zur Frage einer Haftverlängerung und die Schulung der Amtsrichter in Fragen der diesbezüglichen Verwaltungsprozesse und Fristen. Die vorgeschlagene Verlagerung der Integrationsmaßnahmen vom Bund (BAMF) zu den Ländern gilt es ebenfalls richtig einzuordnen: Bis 2005 waren die Integrationsmaßnahmen bereits in der Zuständigkeit der Länder. Um einen einheitlichen Standard bei Integrationsmaßnahmen bundesweit zu ermöglichen und dessen Einhaltung überprüfen zu können sowie eine zentrale Steuerung von Einwanderung entsprechend einzuführen, hat sich die damalige Bundesregierung für die „Bundesebenen-Regelung“ entschieden. Daher ist die Zuständigkeit kein Fremdkörper, sondern die zentrale Steuerungsmöglichkeit für Integrationsmaßnahmen. Für die Finanzströme der öffentlichen Hand brächte es lediglich eine Verlagerung auf die Länderebene, die eine Milliarde Euro ist auch weiterhin zu erbringen, sicher ist das durch die vorgeschlagene Verlagerung in Zukunft nicht. Das Argument liefern die Initiatoren selbst. Für das BAMF hätte diese Verlagerung zudem deutliche Auswirkungen auf den dortigen Stellenhaushalt und die Möglichkeiten, innerhalb des Personalbestandes auf unterschiedliche Integrationszahlen flexibel reagieren zu können. Das BAMF wird hier als Kompetenzzentrum wahrgenommen und nicht, wie von den Initiatoren angedeutet, als überfordert auf Bundesebene. < Klimaschutz Als vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte unterstützen wir die Ziele für eine nachhaltige Bundesverwaltung und setzen uns selbst vorbildhaft für den Klimaschutz ein. Für jedes neue Mitglied pflanzen wir einen Baum. Unterlagen für neue Mitglieder stellen wir umweltgerecht bereit. Wir prüfen stetig, ob wir im Alltag effektiver und effizienter werden können; und sei es auch nur, um Papier einzusparen. Wir setzen beim Klimaschutz auf die Vorbildfunktion des öffentlichen Dienstes. Daher erwarten wir, dass öffentliche © onephoto/stock.adobe.com 7 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

Gebäude mit entsprechender Photovoltaik ausgestattet werden und die Haustechnik im weitesten Sinn umweltfreundlich umgerüstet wird. Zudem können die Dienststellen bei den ihnen anvertrauten Beschäftigten Anreizsysteme installieren, um umweltbewusstes Handeln, wie bspw. Energie sparen, den Weg zur Arbeit mit dem ÖPNV oder Fahrrad zu bewältigen. Gemeinsam können wir mehr erreichen. Eine zusätzliche Geschäftsstelle für die konzeptionelle Zusammenarbeit des Klimakabinetts sehen wir gerade vor dem Hintergrund einer Verwaltungsreform kritisch. < Datenschutz Datenschutz ist wichtig, weil er die Privatsphäre von Personen schützt und sicherstellt, dass personenbezogene Daten in einer sicheren und angemessenen Weise behandelt werden. Wir als vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte stehen zum Schutz von personenbezogenen Daten vor Missbrauch und die Gewährleistung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Wir wollen durch technische als auch organisatorische Maßnahmen sichergestellt wissen, dass personenbezogene Daten ausschließlich für den vorgesehenen Zweck erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Dabei geht es nicht nur um den Schutz vor unberechtigtem Zugriff, sondern auch um das Recht des Einzelnen, zu wissen, welche Daten wo über ihn gespeichert sind und wie sie verwendet werden. Der Schutz der Privatsphäre ist eng mit dem Datenschutz verbunden und zielt darauf ab, die persönlichen und privaten Lebensbereiche einer Person vor unerwünschten Eingriffen zu schützen. Es kann bei allem guten Willen nach Abbau von Bürokratie nicht sein, dass bspw. Vereine vom Datenschutz ausgenommen werden und zugleich die Bank- oder andere Bezahldaten ihrer Mitglieder verwalten. Eine unterschiedliche Behandlung sensibler persönlicher Daten auf die vorgeschlagene Art und Weise würde aus unserer Sicht das Datenschutzinteresse von Vereinsmitgliedern massiv verletzen und widerspräche dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Nach unserer festen Überzeugung geht Datenschutz weit über bloße gesetzliche Vorgaben hinaus; er reflektiert unsere kollektive Verpflichtung, die Privatsphäre und Rechte jedes Einzelnen in unserer digitalen Gesellschaft zu schützen. In einer Zeit, in der Informationen mühelos geteilt und verbreitet werden können, steht der verantwortungsvolle Umgang mit Daten an vorderster Front, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen und zu erhalten. Durch das Gewährleisten von Datenschutz sichern wir nicht nur individuelle Freiheiten, sondern untermauern auch die ethischen Standards und Werte unserer Gemeinschaft. < Soziales Für uns als vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte sind alle Überlegungen zum Punkt „Soziales“ (wie auch alle anderen Rechtsveränderungen) von den Leitgedanken unserer Rechtsordnung mit grundlegenden, in allen Rechtsgebieten geltenden zentralen Prinzipien, Zielen und Werten getragen. Dazu gehören Gerechtigkeit, Freiheit und Verantwortung, Rechtssicherheit und Schutz von Vertrauen, Verhältnismäßigkeit und Interessenausgleich sowie Zweckmäßigkeit, Durchsetzbarkeit und Effizienz. Dies ist für uns der Maßstab für alle Überlegungen und Veränderungen. Dazu gehört nicht, dass der Anspruch auf Einzelfallgerechtigkeit hinter unbürokratischem Zugang und Pauschalierung zurücksteht. Art. 20 des Grundgesetzes definiert die Bundesrepublik Deutschland als einen demokratischen und sozialen Bundesstaat. Eine Zentralisierung von allen sozialen Leistungen sehen wir als „Aushöhlen“ der Verfassung und rechtlich wie menschlich höchst bedenklich. Da ist es beinahe eine unbedenkliche Petitesse, ob ein oder fünf Ministerien für die Aufgaben zuständig sind. Hier spricht der Sachverhalt für sich. Wir gehen davon aus, dass der neu gewählte Bundeskanzler dies bei seiner Richtlinienkompetenz und den zu treffenden Organisationsentscheidungen berücksichtigt. Was die Vereinheitlichung der Definition von Begrifflichkeiten anbetrifft, so sehen wir hier und auch in anderen Empfehlungen einen begrüßenswerten Ansatz. Das gilt auch für Digitalisierung und Zugang zu Daten, Leistungen et cetera. Ein Once-Only-Prinzip ist auch aus unserer Sicht wünschenswert, zumal es in vielen Bereichen, in denen Bürgerinnen und Bürger als auch die Beschäftigten der Bundesverwaltung selbst in ihrem privaten Umfeld dem Staat begegnen und in jedem Fall die gleichen Daten erneut eingeben müssen, zu vermeidbarer Mehrbelastung kommt. Ebenso wie im Gesundheitswesen und bei der Sicherheit wären hier im Zuge der Digitalisierung Vereinfachungen für alle denkbar. < Bildung Über kaum ein Thema wird häufiger und härter gestritten. Bildung soll die Persönlichkeit 8 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte

entwickeln und ein erfülltes Leben ermöglichen. Bildung soll gut ausgebildete Fachkräfte für den Arbeitsmarkt bereitstellen und unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig halten. Bildung soll Frieden und Demokratie sichern und unser kulturelles Wissen über die Generationen weitergeben. Eines ist klar: Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und findet daher überwiegend in öffentlichen Einrichtungen statt. Nur: Was Bildung eigentlich sein soll, wie viel wir davon brauchen, wie Bildungseinrichtungen und das Bildungssystem am besten gestaltet werden, darüber herrschte noch nie Einigkeit. Der Staat lenkt, politische Akteure mischen auf allen Ebenen mit und zudem gibt es viele gesellschaftliche Gruppen, die ihre eigenen Vorstellungen und Interessen einbringen. Was dabei ausgehandelt wird, gilt für alle – meistens auf längere Zeit. Aber seit PISA ist viel in Bewegung gekommen. Unsere Gesellschaft verändert sich: Sie wird vielfältiger, die Lebenswege werden individueller, die Einbindung in die globalisierte Welt stellt neue Fragen. Wie können wir unser Bildungssystem darauf einstellen? Wir erwarten im Zusammenhang mit der Bildung, dass für die Schülerinnen und Schüler ausreichend Lehrerinnen und Lehrer bereitstehen. Die Klassen dürfen nicht zu groß sein. Unterricht muss regelmäßig stattfinden und nicht regelmäßig ausfallen. Die Lehrkräfte sind angemessen zu bezahlen. Es muss ausreichend Raum für die pädagogische Vermittlung von Wissen und dessen Vor- und Nachbereitung geben. Die steigende Zahl an Kindern mit Migrationshintergrund in den Klassen erfordert Angebote an die Lehrkräfte (Aus- und Weiterbildung etc.). Schulen sollten als Bildungseinrichtungen angemessen ausgestattet und erhalten sein. Defekte Toiletten, kaputte Aufzüge, marode Klassenräume usw. müssen der Vergangenheit angehören. Dafür müssen ausreichend öffentliche Mittel vorhanden sein. Vergleichbare Ausführungen gelten für Kindertagesstätten mit den Erzieherinnen und Erziehern sowie für die Universitäten. Bildung unserer Kinder ist eine Investition in die Zukunft und den Wohlstand unseres Landes. Bildung darf weder von öffentlichen Mitteln noch von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängig sein. < Prinzipien Wir möchten uns nur zum Lohnabstandsgebot positionieren. Es kann nicht sein, dass Menschen, die arbeiten, nicht genügend Geld dafür haben, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies gilt auch für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Wir setzen uns dafür ein, dass vergleichbar dem Mindestabstandsgebot zur Grundsicherung für Beamtinnen und Beamten (das seit dem Jahre 2020 von der Bundesregierung verletzt wird!) ein entsprechendes Lohnabstandsgebot für Tarifbeschäftigte implementiert wird. Wir halten einen gesellschaftlichen Dialog über die angerissenen Themen für richtig und notwendig. Dabei sind jedoch noch weitere Aspekte zu berücksichtigen, die bislang wenig Raum gefunden haben. Dazu gehören die fehlenden bezahlbaren Wohnungen ebenso wie die Ausgestaltung der Integration von Menschen, die zu uns gekommen sind. < Einordnung zum Koalitionsvertrag Eine Besonderheit enthält der Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD. Im Kapitel Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung und moderne Justiz erklärt die designierte neue Bundesregierung, dass sie im Jahr 2025 eine ambitionierte Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung erarbeiten möchte, durch die sie unter anderem die Bundesverwaltung ressortübergreifend modernisieren möchte. „Dabei werden wir insbesondere Vorschläge der ‚Initiative für einen handlungsfähigen Staat‘ aufgreifen“ (Zeile 1792). Damit gewinnt die Initiative einen Wirkungsbereich innerhalb der künftigen Bundesregierung, der zwar nicht näher präzisiert wird, aber deren Vorschläge sich bereits heute in einigen Bereichen des Koalitionsvertrages wiederfinden. Insbesondere der Bereich Gesetzgebung, Justiz und Bürokratieabbau sowie Inneres enthält bereits sozusagen 1:1 übernommene Vorschläge der Initiative. Wer glaubte, es handele sich bei der Initiative und der Bundesregierung um parallel verlaufende miteinander nicht verknüpfte Entwicklungen, sieht sich spätestens mit der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages am 9. April 2025 eines Besseren belehrt. Auch die Veröffentlichung eines Zwischenberichtes einer solchen Initiative, weniger als ein halbes Jahr vor dem angekündigten Endbericht und kurz vor der Bundestagswahl, weist auf die politischen Verflechtungen zwischen den Parteien und den Initiatoren hin. Insbesondere der im Koalitionsvertrag an mehreren Stellen zu mehreren fachlich und organisatorisch die Bundesverwaltung betreffenden Reformvorhaben enthaltene Hinweis auf die Einsetzung von Expertenkreisen oder Kommissionen muss wachrütteln. Die formulierten Erwartungen der neuen Bundesregierung, bis zum Ende des Jahres 2025 Empfehlungen zu erhalten, verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf auch für uns als Interessenvertretung der Bundesbeschäftigten. Sie sehen, da bleiben allein in den ausgesuchten Feldern noch viele Fragen offen, sind noch viele dicke Bretter zu bohren. Wir werden über den Fortgang der Entwicklungen berichten. Schreiben Sie uns, wenn Sie zu den beschriebenen Entwicklungen Ergänzungen oder Vorschläge aus Ihrer Erfahrung oder Ihrer Behörde mitzuteilen haben. Seien Sie aufmerksam, die Zeit des ruhigen „Abwartens und Teetrinkens“ scheint mit der Bildung der neuen Bundesregierung und deren Pläne auch für die Bundesverwaltung vorbei. fg © peterschreiber.media/stock.adobe.com 9 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

© Björn Wylezich/stock.adobe.com Kommentierte Pressestimmen Wird es eine tatsächliche Migrations- oder Asylwende durch die neue Bundesregierung geben? Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt Verschärfungen, an anderer Stelle aber die Fortführung des alten Kurses. < Der Moment, der plötzlich vieles veränderte Im Wahlkampf gab es den Moment, der schlagartig einiges veränderte. Es war der 22. Januar 2025. Während die Bundesrepublik noch über die Folgen des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt beriet, ereignete sich in einem Aschaffenburger Park ein Angriff eines Afghanen auf eine Kitagruppe und es wurden ein zweijähriger Junge und ein Mann getötet. CDU und CSU, die im Bundeswahlkampf auf Wirtschaftsthemen gesetzt hatten, schwenkten um. „Ich weigere mich anzuerkennen, dass die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und jetzt Aschaffenburg die neue Normalität in Deutschland sein sollen“, sagte Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU). Kommt nun, da die Union vor der Übernahme der Regierungsverantwortung steht, die Wende? Bei der Vorstellung des zäh errungenen Koalitionsvertrages kündigte Merz einen neuen Kurs in der Migrationspolitik an. Man leite die „überfällige Migrationswende“ ein, sagte der bisherige innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU). < Was von der Härte bei der Migrationspolitik übrig bleibt Tatsächlich wird es zwar mehrere Verschärfungen geben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass bereits die Ampelkoalition Rechtsänderungen auf den Weg gebracht hatte. Zum Teil beschreitet die künftige Koalition den bereits eingeschlagenen Pfad. Wenn man so will, startet Merz aus einer komfortablen Position: Die Asylzahlen sind schon 2024 deutlich zurückgegangen und sinken auch 2025 weiterhin – ganz ohne die vom Kanzler in spe versprochene „Asylwende“, sondern wohl eher durch die von SPD, Grünen und FDP im Oktober eingeführten Kontrollen an den deutschen Grenzen. Die illegale Zuwanderung nach Deutschland könnte weiter begrenzt werden. Das soll erstens durch einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen passieren und zweitens durch die Aufrechterhaltung der Kontrollen an den deutschen Grenzen. Zudem will sich die schwarzrote Koalition erneut an einer „Rückführungsoffensive“ versuchen. Wer nicht freiwillig ausreise, müsse abgeschoben werden. Das hatte bereits die Ampel versprochen, war jedoch damit größtenteils gescheitert. Dem Problem, dass die Herkunftsländer bei Rückführungen nicht kooperieren, will man mit mehr Druck begegnen. Auch die Ausreisepflichtigen selbst müssen mit Restriktionen rechnen. Leistungen sollen gekürzt werden. Deutlich sprechen sich Union und SPD für die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten aus. Zugleich soll die Liberalisierung des Einbürgerungsrechts, das die Ampel vorantrieb, wieder etwas eingeschränkt werden. Eine Einbürgerung nach drei Jahren soll nicht mehr möglich sein, sondern erst nach fünf Jahren. Fazit: Eine radikale Wende wird es also nicht geben. Offen bleibt, inwieweit die Koalition grundsätzliche Reformen des EU-Asylsystems anstrebt. Der Koalitionsvertrag bleibt diesbezüglich vage. Drei Punkte sprechen jedoch dafür, dass die Asylpolitik in den nächsten Jahren eine andere werden könnte. Dazu zählt die Zurückweisung an der Grenze, eine mögliche Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, wobei noch offen ist, ob Deutschland sich konkret an entsprechenden Projekten beteiligt, und der Plan, dem Bund eine zentrale Zuständigkeit bei den DublinÜberstellungen zu geben. Allerdings ist hier zu betonen, dass in dem Moment, in dem die Zugangszahlen nach Europa wieder ansteigen, diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, um irreguläre Migration wirksam zu regulieren oder zurückzudrängen. ZEIT online, 10. April 2025, Welt online, 11. April 2025 < Die Diskussion über Zurückweisungen an den Grenzen Der weitreichendste und rechtlich umstrittenste Punkt im Koalitionsvertrag ist die vorgesehene Zurückweisung an den Grenzen. Bisher wird dies nur bei Migranten umgesetzt, die bereits abgelehnt wurden und deshalb ein Einreiseverbot haben oder die bei Aufgriff kein Asylgesuch äußern. Nun sollen Zurückweisungen auch erfolgen, wenn ein Asylbegehren geäußert wurde. Fraglich ist, inwieweit dies europarechtlich und völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Manche plädieren dafür, die Zurückweisungen zu praktizieren und damit eine gerichtliche Entscheidung über das Vorgehen zu provozieren. Das würde Rechtsklarheit schaffen. In der Union hoffe man vor allem auf den Abschreckungseffekt der Zurückweisungen. Allein aufgrund der anhaltenden Grenzkontrollen wird es auch mehr Zurückweisungen geben. Absprachen mit den europäischen Nachbarstaaten sollen aufgenommen werden, auch in der grundsätzlichen Frage, wie das europäische Asylsystem weiterentwickelt werden kann. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Fortsetzung der Grenzkontrollen werde jedoch nicht verhindern, dass weiter10 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

hin an den Grenzkontrollmaßnahmen vorbei mehrheitlich Asylanträge im Inland gestellt werden. Aus diesem Grund sei es fraglich, inwiefern die vereinbarte Zurückweisung von Asylantragstellern an der Grenze objektiv eine überdeutliche Reduzierung der Flüchtlingszahlen bewirken kann, so der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Sven Hübner. dpa – Deutsche Presseagentur, 11. April 2025 < Mittel und Ressourcen für die Umsetzung bleiben unklar Völlig offen und unkonkret bleiben die benötigten Ressourcen (personell wie finanziell) für die betroffenen Behörden wie beispielsweise die Bundespolizei oder das BAMF beziehungsweise wurden dazu keine Zusagen getroffen. Problematisch ist auch der sogenannte Finanzierungsvorbehalt. Vorhaben können gekippt werden, wenn das Geld im Haushalt fehlen sollte. Das gilt grundsätzlich für alle Vorhaben, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind. Generell soll eher Personal in der Bundesverwaltung eingespart und Sachmittel gekürzt werden. Laut Koalitionsvertrag gilt die Vorgabe von mindestens acht Prozent Stelleneinsparungen bis zum Jahr 2029. Mit Spannung kann auch die angekündigte Aufgaben- und Ausgabenkritik erwartet werden. Bekanntermaßen wird die Aufgabenkritik zwar immer wieder angekündigt, aber nicht umgesetzt. Soll jedoch mit weniger Personal mehr geleistet werden, so ist es unabdingbar, dass eine Aufgabenkritik auch wirklich erfolgt. Zu begrüßen ist an dieser Stelle die Absicht der neuen designierten Bundesregierung, die Gesetzgebung in den Blick zu nehmen und Gesetze, Verordnungen und Regelungen zu streichen, die ihren Zweck nicht oder nicht mehr erfüllen. Auch die geplante Einbindung der Betroffenen aus Bund, Ländern und Kommunen mit angemessenen Fristen sowie das Etablieren von Erfolgsindikatoren sind positiv. Die Beschäftigten der Bundesverwaltung sind für neue Ideen grundsätzlich offen, fordern allerdings zu Recht ihre Beteiligung beim Umbau und der Umgestaltung ein. Quelle: Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 21. Legislaturperiode aj Jubilare im Mai Wir gratulieren … Ehrung im vbob mit einer Urkunde und der silbernen Ehrennadel 25-jährige Mitgliedschaft > Dr. Susanne Plück Jürgen Bauer Bodo Streich vbob Fachgruppe Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (10) > Volker Johann Helmut Gester vbob Fachgruppe Bundeskriminalamt (33) Ehrung im vbob mit einer Urkunde und der goldenen Ehrennadel 50-jährige Mitgliedschaft > Rainer Sternitzke vbob Fachgruppe Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (05) Ehrung im vbob mit einer Urkunde 60-jährige Mitgliedschaft > Lothar Asmus vbob Fachgruppe Bundesanstalt für Immobilienaufgaben © volff/colnihko – stock.adobe.com 11 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

Bundeshauptvorstand Frühjahrssitzung mit besonderen Jubilaren Am 4. und 5. April fand in Siegburg die sechste Tagung des vbob Bundeshauptvorstandes statt. Zu Beginn begrüßte Bundesvorsitzender Frank Gehlen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Ort. Vor Einstieg in die Tagesordnung wurde dem kürzlich verstorbenen langjährigen Mitglied, ehemaligen Fachgruppenvorsitzenden im BMJ und Vertreter der vbob Mitglieder im Ruhestand, Manfred Stückrath, mit einer Schweigeminute gedacht. Der Bundesvorsitzende Frank Gehlen begrüßte die neu gewählte Fachgruppenvorsitzende Sarah Siegel, die zusammen mit Pia Klein die neu gewählte Doppelspitze im BMWK darstellen, zu ihrer ersten Teilnahme an einer Sitzung des Gremiums. Der neu gewählte Fachgruppenvorsitzende Jan Siebert, Hochschule des Bundes, konnte leider nicht vor Ort sein. < Bundeshauptvorstand bestätigt neuen Bundesjugendvertreter Yannik Bayerle wurde einstimmig durch die Mitglieder des Bundeshauptvorstandes in der Funktion des neuen Bundesjugendvertreters des vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte bestätigt. Nach Rücktritt des bisherigen Amtsinhabers Morris Hültner im November 2024 war die Neuwahl notwendig geworden. Yannik Bayerle erklärte im Nachgang zu seiner einstimmigen Bestätigung, dass er sich auf die vor ihm liegenden Herausforderungen im Einsatz für die jungen Mitglieder der Gewerkschaft freue und sich eine gute Zusammenarbeit mit den Fachgruppen bei der Jugendarbeit wünsche. Frank Gehlen betonte den eindrucksvollen Rückhalt im höchsten Gremium zwischen den Gewerkschaftstagen, sprach Yannik Bayerle einen persönlichen Glückwunsch aus und versicherte auch die Unterstützung des Bundesvorstandes bei der wichtigen Arbeit des Bundesjugendvertreters. _ <Yannik Bayerle, vbob Bundesjugendvertreter <Ein ganz besonderer Ehrentag muss auch besonders begangen werden: Und so wurde Heinz Görres, Fachgruppe Bundesministerium für Bildung und Forschung, nach Siegburg eingeladen, damit ihm vom Bundesvorsitzenden und vom gesamten Gremium zur 60-jährigen Mitgliedschaft herzlich gratuliert werden konnte. Frank Gehlen überreichte die Urkunde und ein Präsent. <Georg Bernhard, FG BaFin, wurde persönlich aus dem Gremium verabschiedet. <Für 40-jährige Mitgliedschaft konnte sich der Bundesvorsitzende mit Urkunde und einem Gutschein bei Hans-Michael Granitza (54), Vorsitzender der Fachgruppe Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung/Physikalisch-Technische Bundesanstalt Institut Berlin, bedanken. © vbob (4) 12 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025

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