Profile 6-2021
US-Dollar erzielen. Auch für Europa und Deutschland bietet das Verkaufen per Livestream enormes Potenzial, mit dem sich Marken und Händlern einen zusätzlichen Absatzkanal erschließen und so neue Kunden gewinnen können. Denn gestreamt und geshoppt wird nicht nur auf der Website beziehungs- weise im Onlineshop, sondern auch auf YouTube, Instagram und TikTok. INTERESSE IST VORHANDEN Zwar sind der deutsche und europäische Markt von einem Boom wie in China weit entfernt, doch das Interesse ist da, wie eine Arvato-Studie zeigt. Der neue E-Commerce-Trend wurde anhand von 90 Marken aus dem Mode- und Beauty- Sektor untersucht. Für diese Marken bot sich während der Ladenschließungen im Lockdown durch Live-Shopping die Möglichkeit, neben reinem Online- Shopping auch das gewohnte Einkaufs- erlebnis nachzustellen. Bereits Mitte 2020 starteten 21 Prozent der unter- suchten Marken mit dem neuen Ver- kaufskanal. Mittlerweile haben mehr als ein Drittel der Marken (36 Prozent) mindestens ein Live-Shopping-Event auf die Beine gestellt. Im Beauty-Bereich waren es 43 Prozent, im Fashion-Sektor 31 Prozent. Die überwiegende Mehrzahl der Events (70 Prozent) haben die Mar- ken in ihren eigenen Webshops durchge- führt, in den Sozialen Medien wird vor allem dafür geworben. 72 Prozent der Beauty-Marken setzen bei ihren Kauf- Events auf Influencer, wäh- rend es in der Modebran- che nur 56 Prozent sind. Das Interesse der Konsu- menten ist da: Der Studie zufolge gaben 70 Prozent der europäischen Kunden an, dass sie offen für Live- Shopping seien. Im Ge- gensatz zu den südostasiatischen Usern, bei denen es sich hauptsächlich um jun- ge Millennials handelt, sind die meisten Interessenten in Europa zwischen 32 und 43 Jahre alt. Zwei Unternehmen, die durch das Livestreaming bereits Zuwächse in den jüngeren Zielgruppen vorweisen kön- nen, sind Douglas und Tchibo. Wäh- rend des Lockdowns gestartet, wird das Format von den Unternehmen weiterge- führt. Tchibo-Live ist eine digitale Shop- pingform für das Smartphone und wird von Tchibo-Mitarbeitern präsentiert. Die Themen des wöchentlichen Ange- bots sind dem Produktsortiment ange- passt. Mal geht es um Deko-Tipps, mal um Kaffeezubereitung. Ohne Registrie- rung können Zuschauer auf der Website per Livestream zuschauen und direkt kommentieren oder Fragen stellen – die Moderatoren gehen live darauf ein. Wer etwas kaufen möchte, klickt einfach auf einen Button seines Handydisplays oder Tablets. Genauso einfach funktioniert auch das Shoppen beim Douglas Live Day. Aller- dings macht Douglas ein Ganztages- Event daraus. Jede Stunde gibt es ein anderes Thema oder eine andere Marke. Von Duft über Pflege bis hin zur dekora- tiven Kosmetik ist alles dabei. Darüber hinaus wurde Douglas Live erfolgreich als Live-Stream aus einer Filiale getestet. Corona-konform führte eine Store-Mit- arbeiterin nach Ladenschluss durch den leeren Laden und beriet die Kunden bei ihrem Online-Einkauf. Livestream-Teil- nehmer konnten via Chat-Funktion mit der Mitarbeiterin interagieren und sie beispielsweise bitten, eine Lippenstift- Nuance live auf den Lippen zu zeigen, um einen besseren Eindruck von der Farbe zu bekommen. Der Charme von Live-Shopping ist, dass nicht nur große Unternehmen und Mar- ken diese Form des E-Commerce für sich nutzen können, sondern auch der Einzelhandel. Gerade für den stationä- ren Handel kann Live-Shopping eine Alternative zum eigenen Webshop sein, der nicht nur teuer ist, sondern auch auf- wändig in der Pflege. Über neue Platt- formen wie die App von Ritzi können Händler ganz einfach einen eigenen Ver- kaufskanal eröffnen und diesen für Pro- duktvorstellungen, Unboxings oder DIY-Videos nutzen. Der Fantasie bei der Umsetzung sind keine Grenzen gesetzt – und die Kosten sind überschaubar. Für ein gutes Video reicht oft schon die Ka- mera des Smartphones. Stimmt dann noch die Ausleuchtung, kann der Ver- kauf losgehen. Susanne Mittenhuber Fotos: iStockphoto (3) PROFILE 6/2021 20 szene TRENDS
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