Profile 1-2024

25 PROFILE 1/2024 In seinem Guide beschäftigt sich Kolsquare unter anderem mit den Kriterien, die Unternehmen heute anlegen müssen, um Influencer:innen auszuwählen, und legt ihnen eine gründliche Recherche ans Herz: „Als Stimme einer Marke müssen Influencer:innen den Werten der Unternehmen entsprechen. Analysiert, welche Art Content sie produzieren, wofür sie sich einsetzen, worüber sie sprechen und wie sie mit ihrer Community interagieren. Dies hilft euch herauszufinden, ob ihre Werte mit euren übereinstimmen. Überprüft, ob sie Likes und Follower:innen kaufen. Schaut euch an, für welche Marken sie werben und wie oft sie dies tun.“ Oft seien erst bei genauerer Betrachtung von Accounts und dem Blick in die Historie Diskrepanzen zwischen dem, was die Inhaber:innen sagen, und dem, was sie tun, zu entdecken. Ein Beispiel: Ein Influencer behauptet, er lege Wert auf einen gesunden Lebensstil, wirbt aber gleichzeitig aktiv für ein Alcopop-Getränk ... Kolsquare stellt in seinem Report aber auch fest, dass sich viele Influencer:innen selbst um mehr Verantwortung bemühen – sei es bei der Art und Weise, wie sie ihre Beziehungen zu Brands und ihren Communitys angehen, oder bei den Schritten, die sie unternehmen, um ökologisch nachhaltigere Praktiken zu implementieren. Als Beispiel für Unternehmen, die „Responsible Influencing“ aktiv in ihre Geschäftstätigkeit integrieren, nennt Kolsquare ausdrücklich Clean Beauty-Marken, die als direkte Reaktion auf die Fragen von Verbraucher:innen zu Inhaltsstoffen in Hautpflegeprodukten entstanden sind, beispielsweise Drunk Elephant. Das Influencer-Marketing weltweit entwickelt sich seit einiger Zeit aus einer inneren Notwendigkeit heraus weiter, aber auch neue gesetzliche Rahmenbedingungen fördern die Professionalisierung. Verschiedene Länder in der Europäischen Union sind bereits vorangegangen und kämpfen gegen Praktiken, die der aufstrebenden Branche schaden. So hat Frankreich Gesetze mit klaren Definitionen für „kommerzielle Influencer:innen“ und „Influencer-Agent:innen“ verabschiedet. Influencer:innen ist die Werbung für Schönheitsoperationen verboten. Ein spezielles Team innerhalb der Verbraucherschutzbehörde wurde eingerichtet, um potenzielle Rechtsverstöße in den Inhalten von Influencer:innen zu untersuchen. In Großbritannien hat die britische Advertising Standards Authority (ASA) nach einer umfangreichen parlamentarischen Untersuchung des Sektors strengere Richtlinien für Best Practices im Influencer Marketing veröffentlicht. Zudem hat die Dachorganisation der europäischen Selbstregulierungsorganisationen (SRO) für Werbung, die European Advertising Standards Alliance (EASA), ihre Empfehlungen für Best Practices im Influencer-Marketing zum ersten Mal innerhalb von fünf Jahren aktualisiert. „Responsible Influencing“ ist damit ein Paradigmenwechsel, der Unternehmen dazu ermutigt, ihre soziale Verantwortung zu erkennen und aktiv in ihre Beeinflussungsstrategien zu integrieren. Indem Unternehmen Influencer:innen nicht nur nach Reichweite, sondern vor allem nach Werten und Authentizität auswählen, können sie nicht nur kurzfristige Verkaufszahlen steigern, sondern auch langfristige Beziehungen zu einer loyalen und engagierten Zielgruppe aufbauen. Silke Bruns In˙flu˙encer Wenn man das Wort „Influencer“ hört, denkt man an Social-Media-Stars mit Millionen Follower:innen, die mit Sponsored Posts, Affiliate-Marketing, Kooperationen mit Marken oder auch dem Verkauf eigener Produkte sehr viel Geld verdienen. Die mediale Präsenz dieser MegaInfluencer:innen täuscht jedoch: Nur 0,22 Prozent der Influencer:innen in Deutschland zählten 2020 zu dieser Gruppe. Rund 76 Prozent der Influencer:innen haben oft „nur“ mehrere 1.000 Follower:innen. Sie verdienen im Durchschnitt weniger als das durchschnittliche Bruttogehalt von Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsausbildung. Fotos: iStockphoto (3)

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