Profile 4-2021

Freih Grundsätzlich führt das Gefühl von Freiheit zu einer höheren Zufriedenheit. Diese Erkenntnis liefert die Glücksfor- schung. Zu den wichtigsten Glücksfak- toren zählen Studien zufolge Gesund- heit, liebevolle zwischenmenschliche Beziehungen, gesellschaftlicher Zusam- menhalt, soziales Engagement und nicht zuletzt, einen Sinn im Leben zu haben. Hinzu kommt die gefühlte Freiheit, das eigene Leben selbst gestalten zu können. Egal, wie und in welchem Umfang man die persönliche Freiheit überhaupt ausle- ben will – es kommt darauf, dass man es könnte, wenn man denn wollte. Denn der Wunsch nach Selbstbestim- mung ist tief in uns verwurzelt. Sobald jemand diesen Handlungsspielraum ein- schränken möchte, pochen wir reflexar- tig auf unser Recht auf Freiheit. Psycho- loginnen und Psychologen nennen das Reaktanz. Interessant dabei: Freiheits- einschränkungen, wie sie während der Corona-Pandemie stattfanden, können offenbar solche Menschen besser akzep- tieren, die glauben, dass sie ihr Leben generell im Griff haben. Das ist zumin- dest das Ergebnis einer Studie der Uni- versität Salzburg. Menschen hingegen, die keine Kontrolle über ihr Leben ha- ben oder zumindest glauben, dass sie es nicht beeinflussen können, reagieren be- sonders schnell mit Reaktanz, also mit Widerspruch, und einer Abwehrhaltung. ZUVIEL (ENTSCHEIDUNGS-) FREIHEIT STRESST Dabei hat zu viel Freiheit, vor allem wenn sie Entscheidungsfreiheit bedeu- tet, durchaus ihre Schattenseiten. Be- rühmt geworden ist das Experiment der Psychologin Sheena Iyengar von der Co- lumbia University in New York. Sie stell- te in einem Delikatessenladen einen Pro- biertisch auf, an dem vorbeikommende Kunden verschiedene Marmeladensor- ten kosten konnten. In einer Variante des Versuchs standen sechs Marmela- densorten zur Auswahl, in einer anderen 24. Wie sich herausstellte, lockte das üppige Konfitürensortiment zwar recht viele Kunden an den Probiertisch. Diese aber schienen eher verunsichert zu sein. Sie hielten inne, zögerten und diskutier- ten das Für und Wider der diversen Sor- ten. Anschließend jedoch gingen sie meist ratlos weiter. Nur drei Prozent ver- ließen das Geschäft mit einem Marmela- denglas in der Einkaufstasche. Ganz an- ders die Kunden der kleinen Auswahl: leben TRENDS PROFILE 4/2021 34

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