Ja zum Baby 1-2021

21 mit Hebamme Katja Münch, Nürnberg Sie sind seit Jahrzehnten als Hebamme tätig. Was sollten junge Mütter beachten? Katja Münch: Ich war auch jahrelang im asiatischen Raum unterwegs. Dort bleiben junge Mütter konsequent sechs Wochen vor allen äußeren Einflüssen geschützt, werden für ihre Leistung, ein Kind zur Welt gebracht zu haben, sehr gefeiert und extrem unterstützt. In diesen sechs Wochen stillen die Mütter ihre Säuglin- ge, kuscheln und spielen mal mit ihnen. Ansonsten tun sie tat- sächlich nichts. Sie werden bekocht, das Heim machen andere sauber, selbst das Wickeln übernehmen oft Verwandte oder Freun- de. Diese Frauen, das habe ich oft gesehen, sind auf lange Sicht sehr viel fitter als Frauen, die das Wochenbett ignorieren. Aber tut es Frauen wirklich gut, sechs Wochen das Bett zu hüten? Der Beckenboden dankt es ihnen. Der erholt sich nur im Liegen. Aber das ist hier vergessen worden. Auch sitzend, also am Schreib- tisch arbeitend, erholt er sich nicht. Er muss liegen. Frauen wollen sich nach der Geburt aber oft nicht aufs Stillen reduzieren lassen… So überhaupt zu denken, das ist doch schon der ganz falsche An- satz. Die Geburt ist ein Wunder, Frauen bringen ganz allein ein neues Leben zur Welt, sie können ihm Nahrung geben, ihm bei sei- ner Entwicklung zu Seite stehen. Das ist großartig. Welch anderer Bereich im Leben hat solch eine Bedeutung und birgt in sich so viel Sinn? Was raten Sie Frauen? Sich auf die Situation einzulassen. Es akzeptieren, dass fettige Haare und das Frühstück um 14 Uhr zu dieser Umstellungszeit ge- hören. Das Paar wird eine Familie. Das ist jetzt wichtig. Sie müs- sen den neuen Erdenbürger kennenlernen. Freunde und Ver- wandte können helfen und zum Beispiel gesundes Essen vorbei- bringen, denn Mütter brauchen jetzt jeden Tag eine vitaminrei- che, stärkende warme Mahlzeit. Und sie brauchen viel Schlaf, Er- holung und die liebevolle Zuwendung vom Partner. Int e r v i ew Mehrere Besucher pro Tag wären zu an- strengend. Stattdessen einen Besuchsplan aufstellen. Wer sich selbst versorgen muss, soll- te Mahlzeiten auf Vorrat kochen, etwa Suppen. So wird’s dann nur ein- bis zwei- mal pro Woche anstrengend, anschlie- ßend ist erst mal wieder genug da. Also zurück auf die Couch ... Sanfte Partnermassage, Kekse knab- bern, auch tagsüber mal nach Herzenslust fernsehen – all dies und noch mehr an- genehme Dinge sind jetzt erlaubt und willkommen, Diätregeln und straffe Ta- gesplanung außer Kraft gesetzt. Nicht zu frühwieder indenAlltagein- tauchen. Mindestens zwei Wochen soll- ten sich junge Mütter nach der Geburt schonen, gerne auch länger. Erst wenn sie sich wieder stark und unternehmungslus- tig fühlen, kann’s zurückgehen ins nor- male Leben. Sich Hilfe organisieren. Vor allem in den ersten zwei Wochen sollte der Part- ner Urlaub nehmen und der Frau den Rü- cken freihalten. Auch die Eltern oder Schwiegereltern können einspringen, falls sie in der Nähe wohnen. Kommen Freundinnen vorbei, sollten sie sich nütz- lich machen. Notfalls auch etwas Geld in die Hand nehmen und etwa eine Haus- haltshilfe engagieren, die stundenweise kommt.

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