Profile 1-2021

PROFILE 1–2/2021 36 leben TRENDS D as sind zentrale Erkenntnisse einer Studie im Auftrag von Kulinaria Deutschland. rhein- gold-Forscher erwarten, dass der neue Pragmatismus nicht nur eine temporäre Krisenerscheinung bleibt, sondern vielmehr die Ernährungs- und Kochgewohnheiten über längere Zeit- räume prägen wird. Insgesamt zeigt die Studie sechs verhaltensbeeinflussende Faktoren, die sich auf die Verbraucher- bedürfnisse auswirken. „Statt sich über vorzeigbare ‚instagram-taugliche‘ Spei- sen zu profilieren, sehnten sich die Pro- banden mehr danach, Teamplayer und Alltagshelden zu sein“, sagt Studienleiter Sebastian Buggert. Die Darstellung als Familienmensch, der die Krise flexibel meistert und alle gut versorgt, sei wich- tiger als die „Maske des Performance- Anspruches“. Buggert: „Spaß und Ge- meinschaftserleben treten an die Stelle von Exklusivität und Exzellenz.“ Fertig- gerichte, Würzhelfer und Convenience- Produkte bekommen in diesem Kontext nachhaltig eine größere Bedeutung. Besonders die durch die Krise belaste- ten Eltern verschafften sich durch die Produkte Freiräume und vereinfachten ihren Alltag. Die Studienergebnisse zum Koch- und Essverhalten sind nur ein Teil einer umfangreichen Konsumforschung des rheingold instituts in der Corona-Krise. Insgesamt befinden sich die Deutschen gerade in einer sehr dynamischen Expe- rimentierphase, die den kompletten All- tag neu normiert. Dazu gehören neben Urlaub und Einkaufen auch ganz beson- ders das Essverhalten, das wie ein Seis- mograph auf gesellschaftliche Verände- rungen reagiert. So vermittelt die Corona-Krise ein Gefühl der begrenzten Produktverfügbarkeit, das in dieser Form neu ist. Auch das Einkaufserlebnis wird durch die Maskenpflicht und die Abstandsregeln getrübt. Dadurch setzen Verbraucher verstärkt auf Vorratshaltung und Plankäufe, um ihre Versorgung zu sichern. HOME-OFFICE VERÄNDERT ALLTAG Durch das Home-Office entstanden mehr Gelegenheiten für Mahlzeiten und kleine Snacks, die gerne genutzt werden, um den Alltag neu zu strukturieren. Ein weiterer Effekt des Home-Office ist die Verschiebung der Mittagspause in die ei- genen vier Wände. Dadurch sitzt die Fa- milie gemeinsam am Tisch, isst und tauscht sich aus. Sorgen, Ängste und Wünsche werden miteinander geteilt, was das „Wir-Gefühl“ stärkt und hohe Ernährungsideale ablöst. Das Essen sorgt zudem für Abwechslung im Tagesablauf und geschmacklich. Wenn es gut schmeckt, hebt das die Stimmung. Wenn etwas Neues, Unbe- kanntes gekocht wird, sorgt das für Überraschungen. Insbesondere die Zu- bereitung, das Kochen oder Backen för- dern die Kreativität. Sie ermöglichen ein Gefühl der Betriebsamkeit und lösen Emotionen aus – Freude über leckeres Essen und Frustration über misslungene Versuche. Die Corona-Zeit hat beim Essverhalten Perfektionsansprü- che gelockert, den Blick aufs Wesentli- che geschärft und insgesamt für eine Relativierung über­ zogener Erwartungs- haltungen gesorgt. ESSKULTUR IM WANDEL : Der neue PRAGMATISMUS Foto: iStockphoto

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==