Profile 1-2023

30 PROFILE 1/2023 und Fokusgruppen diskutieren lassen. Dabei zeigte sich: Hinter dem Zerfall der alten Kleiderordnung lauert vielfach ein Wertekonflikt, der viele Unternehmen vor ein Dilemma stellt: Ist den einen legere Alltagskleidung in Büros das Symbol für die agile Transformation der Arbeitswelt, warnen die anderen vor einem Verfall der Arbeitskultur mit Folgen für Performance und Umsatz von Unternehmen. Beide Lager haben gute Argumente auf ihrer Seite: Strenge Kleiderregeln werden als demotivierend empfunden und fördern womöglich ungewollt die Fluktuation gut ausgebildeter und motivierter Fachkräfte, anderseits bleiben Anzug, Kostüm, Krawatte und Halstuch nach außen Symbole für Professionalität und Fachkompetenz. Vier von fünf Befragten zum Beispiel halten einen höheren Tagessatz für externe Berater*innen allein dadurch für gerechtfertigt, dass diese formal korrekt gekleidet sind. Für mehr als zwei Drittel kann die Differenz im Umsatz 15 Prozent oder mehr betragen, für fast jeden Sechsten sogar über 30 Prozent. Viele Büroangestellte haben in den vergangenen beiden Jahren allerdings Tatsachen geschaffen. Gaben sie 2019 noch durchschnittlich 1.176 Euro für Bürokleidung aus, waren es in den Pandemiejahren nur noch gut 480 Euro in 12 Monaten. Vielen Berufs-Einsteigern fehlten im Homeoffice zudem die sozialen Vorbilder. Weniger als jeder Vierte von ihnen hat daher die nötigen Kleider im Schrank, um auch bei sehr formalen Terminen formal gekleidet zu sein. BEI GEN Z SPIEGELT KLEIDUNG AUCH DIE HALTUNG WIDER Dass es mit dem Nachwuchs – die zwischen Ende der 1990er bis in die 2010erJahre geborenen Menschen der Generation Z – noch einmal zu einer Renaissance des Dresscodes kommt, ist kaum vorstellbar. Die Gen Z liebt flippige Mode. Sich selbst auszudrücken ist wichtiger geworden, als sich anzupassen. „Die Idee, sich für den Erfolg zu kleiden, ist nicht neu, aber der Maßstab für den Erfolg könnte sich ändern; es geht nicht mehr nur darum, einem professionellen Standard zu entsprechen oder das eigene Unternehmen zu repräsentieren. Die Generation Z ist auch auf der Suche nach Komfort, sowohl körperlich als auch geistig“, sagen etwa die Experten des McKinsey Health Institutes. Tech-Büros seien lange Zeit Zufluchtsorte für Kapuzenpulli-Träger gewesen, und die Pandemie habe dazu beigetragen, dass sich alle wieder auf die Arbeit selbst konzentrieren und nicht auf die Arbeitskleidung. Die Generation Z habe sich sowohl für Athleisure als auch für einen eigenen Dresscode entschieden und mische dabei oft traditionelle Elemente des professionellen Geschäftslebens mit flippigen Schuhen oder Neonfarben. Junge Leute lieben Mode, aber sie haben sich schon lange von den „Regeln“ szene TRENDS

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==