Profile 2-2022

32 PROFILE 2/2022 szene TRENDS den TV-Programmen wird er nur elf Prozent der Protagonistinnen und Hauptakteuren zugeschrieben. Schwarze Menschen und People of Colour sind ebenfalls unterrepräsentiert: Während sie schätzungsweise rund zehn Prozent der Bevölkerung stellen, können nur rund fünf Prozent der Protagonistinnen oder Hauptakteure als Schwarz oder People of Colour gelesen werden. Auch Menschen mit Behinderung sind im TV unterrepräsentiert: In der Bevölkerung haben schätzungsweise rund sechs Prozent eine sichtbar schwere Behinderung. In den untersuchten Programmen traf dies jedoch nur auf 0,4 Prozent zu. WEGWEISENDE KAMPAGNEN DER BEAUTYBRANCHE Dazu passt eine YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2021 zur Diversität in der Werbung. 60 Prozent der befragten Menschen fühlen sich von den Akteurinnen der Werbespots nicht repräsentiert. Entweder weil sie sich von der dargestellten Lebens- und Alltagsform nicht angesprochen fühlen oder weil sich auch optisch nicht darin erkennen. Bestimmte und einseitige Schönheitsideale haben über Jahrzehnte auch die Beautybranche geprägt. Das hat sich radikal geändert. Kosmetikunternehmen und die Branche insgesamt sind diverser und damit oft auch kreativer geworden. Im vergangenen Jahr setzte die Douglas-Kampagne „Let`s do it beautiful“ Maßstäbe bei Ästhetik und Aussage. Zu sehen waren das markante Profil einer 75-Jährigen, die Rückenansicht eines Balletttänzers und die stolze Pose einer brustamputierten Frau. Es war ein Bekenntnis zur Schönheit der Unterschiede. Der Name war dabei Programm und die Botschaft „Schönes Handeln mit Haltung“ für die Branche durchaus mutig. Weg von der rein äußeren Betrachtung von Schönheit hin zu einem ganzheitlichen Verständnis und einem Handeln nach Werten. Zwei Marken, die Diversität konsequent in ihren Kampagnen weiterentwickeln sind Calvin Klein und Jean Paul Gaultier. CK One von Calvin Klein war einer der ersten erfolgreichen Unisex-Düfte. Mittlerweile geht es jedoch nicht mehr nur um Mann/Frau. In den „I love everywhere“-Kampagnen, die Fashion und Duft miteinbeziehen, werden Gender und Alter aufgehoben. In der LGBQT-Community ist Jean Paul Gaultier eine Ikone. Lange bevor Regenbogenfarben Trend wurden, setzte er alljährlich zum Christopher Street Day mit der Pride-Edition von Le Mâle ein klares Statement. Für ein neues selbstbewusstes Frauenbild steht Tess McMillan. Die 20-jährige Texanerin, die im Mittelpunkt der Gaultier Fashion Shows steht, ist mehr als eine Antwort an Magermodels. Als neue Muse der La Belle-Düfte steht sie für Vielfalt von Schönheit. RIHANNA: PRODUKTVIELFALT ALS MARKENBOTSCHAFT Darüber hinaus haben die Bewegungen Black Lives Matter und #StopAsianHate das Marketing von Unternehmen grundsätzlich beeinflusst, wie eine Shutterstock-Umfrage unter rund 2.700 Marketingfachleuten aus neun verschiedenen Ländern im Frühjahr 2021 zeigte. Themen wie Diversity, Equity and Inclusion – kurz DE&I – haben stark an Einfluss gewonnen. Weltweit gaben Werbetreibende an, dass eine korrekte Darstellung der Gesellschaft der Hauptgrund dafür sei, verstärkt vielfältige Inhalte zu nutzen. Laut der Studie verwenden dazu 64 Prozent Inhalte von gleichgeschlechtlichen Paaren, 68 Prozent von ethnisch diversen Models, 60 Prozent von Menschen mit Behinderungen und 62 Prozent von Transgender-Models. Auch die aktuellen Kampagnen von Zadig & Votalire zu „This is her!, This is him!“, von Boss „The Scent for Her and for Him“ sowie „Perfect as I am“ von Marc Jacobs nutzen ethnische Botschaften. Diversität und eine Anerkennung der Lebenswirklichkeit zeigt sich jedoch nicht nur in Duft- und Modekampagnen, sondern zunehmend auch in einer vielfältigeren Produktauswahl. Der Erfolg von Fenty Beauty, gegründet 2017 von der schwarzen Sängerin Rihanna, ist vor allem auf die große Auswahl von verschiedenen Hauttönen an Make-up zurückzuführen. Zur Lancierung standen 40 Farbtöne zur Verfügung, mittlerweile hat Fenty Beauty 50 Farbtöne im Portfolio. Was auf den ersten Blick wie eine Überforderung wirkt, ist das Versprechen, dass Frauen jeder Hautfarbe eine passende Foundation zu ihrem individuellen Hautton finden. Die Vielfalt ist bei Rihanna Teil der Markenbotschaft. Viele der großen Make-up-Marken haben den Bedarf erkannt und bieten differenzierte Farbtöne an. Shiseido empfiehlt den Bestseller Synchro Skin Self-Refreshing Foundation in 30 Farben, die gleiche Auswahl hat auch Givenchy für Prisme Libre Skin-Caring Glow. Chanel schlägt für die exklusive Foundation Les Beiges sogar 35 Nuancen vor. Diversity kann daher auch heißen, dass sich Unternehmen über das Fehlen von Vielfalt in ihren Produkten bewusst werden und entsprechend reagieren. Und das wird von den Kundinnen nicht nur geschätzt, sondern erweitert auch die Zielgruppe. Susanne Mittenhuber

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