Profile 2-2023

41 PROFILE 2/2023 Auch in den Haarwurzeln konnte das Team von Hanns Hatt einen Riechrezeptor nachweisen, der auf Sandalore reagiert. Eine klinische Studie mit Sandalore-Lotion, die 12 Wochen lang täglich auf die Haarwurzeln aufgetragen wurde, zeigte, dass der Duft die Lebensdauer der Haare um etwa 20 Prozent verlängert. DUFTALPHABET ENTHÄLT 400 BUCHSTABEN Die meisten Gerüche, die wir wahrnehmen, bestehen nicht nur aus einzelnen Duftmolekülen, sondern aus einem ganzen Gemisch. Kaffeeduft zum Beispiel, so beschreiben es Hatt und Dee in ihrem Buch „Die Lust am Duft“, setzt sich aus mehr als 200 unterschiedlichen Duftnoten zusammen. Sie alle aktivieren ihre Rezeptortypen, sodass ein typisches Kaffeeaktivierungsmuster entsteht. Unser Duftalphabet hat 400 Buchstaben, die den 400 Typen von Riechrezeptoren entstehen. „Duftwörter“ können dabei 100 und mehr Buchstaben lang sein. Düfte sind also grundsätzlich schwieriger zu lernen als Wörter, so das Fazit von Hatt und Dee. Mit der Zeit erkennen wir nicht nur Gerüche, sondern entwickeln auch Vorlieben oder Abneigungen, die wiederum sehr individuell sind. So kann ein romantischer Urlaub in der Provence dazu führen, dass jemand eine Vorliebe für Lavendel entwickelt. Wer dagegen als Kind von einer ungeliebten und nach Lavendel riechenden Großtante geherzt wurde, wird eine Lavendelseife oder ein Parfum, das Lavendel enthält, vermutlich nie benutzen. CHANEL NO. 5 MIT SYNTHETISCHEM ANTEIL Apropos Parfum. Um einen Duft zu komponieren, stehen Parfümeure heute schätzungsweise 200 natürliche Öle pflanzlichen und tierischen Ursprungs zur Verfügung. Hinzu kommen mehr als 2.000 synthetische Produkte. Der erste Duft mit einem synthetischen Anteil war 1921 Chanel No. 5. Insgesamt 80 Ingredienzien stecken in diesem berühmten Duft, der mit seinen floralen-fruchtigen Noten bis heute ein Klassiker ist. Allerdings riecht der Duft nicht mehr exakt so wie vor mehr als 100 Jahren, sondern wird immer wieder den Dufttrends und dem Zeitgeist angepasst. Aber immer noch besteht die Kopfnote der ersten Viertelstunde unter anderem aus Bergamotte, Neroli und Ylang-Ylang. Die anhaltende Herznote enthält Iris, Jasmin, Maiglöckchen und Mairose, die unterliegende Basisnote schließlich verfügt über Amber, Sandelholz, Vanille und Vetivergras. Außerdem enthält der Duft den heute üblichen Zusatz von Aldehyden (Kohlenwasserstoffderivaten), die verstärkend wirken, und 1921 eine Innovation darstellten. DIE HAUT MACHT EIN PARFUM INDIVIDUELL Parfums enthalten heute mehr als 100 Duftstoffe. Diese zu identifizieren, ist nahezu unmöglich und durchaus im Sinne der Dufthäuser. Schließlich sollen die Düfte weder kopiert noch als austauschbar empfunden werden. Vielleicht ist es auch deshalb so schwierig, einen Lieblingsduft zu finden oder zu beschreiben. Denn weder Chanel No. 5 noch Opium oder Shalimar, um bei den Duftklassikern zu bleiben, riechen bei jeder Frau gleich. Der individuelle Duft dieser Ikonen entfaltet sich erst auf der Haut seiner Trägerin und ist abhängig von deren Eigengeruch, dem Fettgehalt der Haut und der Zusammensetzung der Mikroorganismen, die bei jedem Menschen anders ist. Einen neuen Duft für sich zu entdecken, gehört für den Duftexperten mit zu den schwierigsten Dingen. Von Spontankäufen etwa im Duty Free am Flughafen rät Hanns Hatt daher ab. Der dort eilig aufgesprühte Duft kann fast nie sein Versprechen halten. Zwischen Check-in und Weiterflug fehlt die Muße, sich bewusst auf einen Duft einzulassen. Hinzu kommt, dass ein Duft Zeit braucht, um sich zu entfalten. Nicht umsonst spricht man von Kopf-, Herz- und Basisnoten. Parfumkenner*innen lassen sich daher Zeit – und entscheiden sich erst ein oder zwei Stunden später für oder gegen den Duft. Susanne Mittenhuber

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