PROFILE 4/2023 32 schönheit MARKEN+MENSCHEN standardisierte Lösung und weniger Branding, zumindest weniger Branding auf den ersten Blick. Ich bin von Anfang an sehr offen und kooperativ auf die Hersteller zugegangen und ich war sehr überrascht, dass es für viele Hersteller kein so großes Problem darstellt, wenn auf den Pröbchen nicht mehr ihr Name steht. Das liegt sicher auch daran, dass ein LogoPröbchen, das sofort weggeworfen wird, nicht der Markenkontakt ist, den sich Hersteller wünschen. Einen Branding-Effekt kann man mit anderen Mitteln viel besser erreichen. Also sei es durch eine tolle Anzeige oder durch eine 3D-Inszenierung in einem Pop-up-Store. Hinzu kommt, dass für Hersteller das Thema Varianten in Miniaturen vom Handling her und vom Materialeinsatz ziemlich komplex ist. Es wird überproportional viel Geld und Aufmerksamkeit investiert für etwas, von dem niemand weiß, was es genau bringt. Und wie haben der Handel und die Parfümerien reagiert? Sie alle kennen das Problem mit den Testmustern. Da muss ich gar nicht viel erklären. Um mein Produkt in der Praxis zu demonstrieren, unterstütze ich das Team im Verkauf und auf der Fläche einen Tag lang. Die Abfüllung des Wunschproduktes als besonderer Service für die Kund*innen. Und die Reaktionen der Kund*innen sind immer zu 100 Prozent positiv, so dass jedes Team großartige Gespräche und tolle Interaktionen mit den Kund*innen erlebt. Welchen konkreten Nutzen können Sie Parfümerien mit samplistick bieten? Ich konnte in den ersten Tests nachweisen, dass 30 Prozent der Kund*innen, denen ich eine persönliche Wunschprobe mit samplistick abgefüllt habe, innerhalb von vier Wochen zurückgekommen sind und gekauft haben. Es wurde also nicht nur eine schöne Dienstleistung, sondern auch ein harter Zusatzverkauf generiert. In den Filialen von UNIQUE by Baslerbeauty und in der Parfümerie am Tegernsee by Hildegard sind die samplisticks im Einsatz. Sie waren außerdem gerade im KaDeWe in Berlin. Welche Pröbchen werden besonders gefragt? Die Probeninhalte sind zu 60 Prozent Pflege, zu 30 Prozent Duft und zu 10 Prozent Make-up. Ich denke, das ist auch logisch, denn in der Pflegeberatung geht es darum, eine leichtere oder reichhaltigere Textur, ein anderes Produkt, ein System zu verkaufen. Die Kund*in von heute zögert verständlicherweise und möchte das erst einmal ausprobieren. Was für Düfte werden als Pröbchen gewünscht? Es sind vor allem Nischendüfte. Düfte stehen heute für persönliche Identität und Signatur. Im Moment gibt es sehr ausgefallene und extreme Düfte und immer mehr Marken setzen auf Nischendüfte. Ironischerweise sind es aber gerade diese Düfte, von denen es überhaupt keine Testmuster gibt. Dabei sind diese Düfte richtig teuer und viele Menschen sind bereit, bis zu 400 Euro dafür auszugeben. Wie geht es mit samplistick weiter? Die Testphase ist erfolgreich abgeschlossen und der samplistick wird nun dauerhaft in den teilnehmenden Parfümerien eingesetzt. Das Interesse an dem Produkt ist sehr groß und ich stehe in sehr weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit weiteren Partner*innen. Inzwischen habe ich auch Hersteller als Kunden. Das sind meist Start-ups, die Nischendüfte und -kosmetik machen und selber keine Testmusterproduktion in Auftrag geben, weil sie ihre Produkte sehr nachhaltig konzipieren. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Heute ist es so, dass die Kund*innen im Prinzip vom Wohlwollen der Verkäufer*innen abhängig ist. Präsentieren sie ein neues Produkt, geben sie ein Testmuster mit. Mit meinem System hoffe ich auch, mehr Augenhöhe herzustellen und damit auch Schwellenangst abzubauen. Man sagt ja immer, die Parfümerie ist der kleine Luxus. Aber ganz ehrlich, ein Lippenstift für 35 Euro oder ein Serum für 100 Euro ist für viele Menschen schon eine außergewöhnliche Shoppingtour. Mit samplistick möchte ich auch die Tür zu den Parfümerien aufstoßen. Ich wünsche mir Leute, die hereinkommen und sagen, ich habe hier diese App und ich würde gerne das und das einmal ausprobieren. Interview: Susanne Mittenhuber Fotos (2): samplistick/Martin Frey
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