vbob Magazin 09/2023

dass der nach allseitiger Auffassung beste Tarifabschluss der Nachkriegsgeschichte auf Vorschlag der Schlichter möglich wurde. Hier stellen wir fest, dass die aktive Unterstützung der gewerkschaftlichen und solidarischen Bewegung erst den notwendigen Druck zur Bewegung auf Arbeitgeberseite verursacht hat. Und trotzdem gibt es im Ergebnis von Verhandlungskompromissen auch Punkte, über die man sich ärgert. Das ist nachvollziehbar, zeigt es doch auch den Willen der Ampelkoalition, zu maßgeblichen Änderungen bei den Beschäftigungsbedingungen auf Ebene der Bundesverwaltung zu kommen. Die seit Jahren seitens der Bundesregierungen und aktuell durch Bundesinnenministerin Faeser abgelehnte Reduktion der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten auf 39 Stunden, ihre Ablehnung der Verlängerung des Tarifvertrages Altersteilzeit und in der Folge der entsprechenden Regelwerke für Beamtinnen und Beamte, die völlig überflüssige und populistische Verschärfung des Disziplinarrechtes des Bundes, die Nichteinhaltung von Zusagen, beispielsweise bei der Wiedereinführung der Ruhegehaltfähigkeit der Sicherheitszulage. Die Liste wird täglich länger … Die neueste Diskussion um die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ergibt sich aus dem gleichen Grund, wie die Ablehnung der Verlängerung der Altersteilzeit. Der Fachkräftemangel beschäftigt nun auch die Bundesregierung – höchste Zeit. Die jahrelange Ablehnung der gemeinsamen Diskussion über die Vermeidung der Folgen des demografischen Wandels rächt sich für die Beschäftigten auf deren Kosten. Die Flexibilität, nach vielen Dienst- oder Beschäftigungsjahren die Altersteilzeit nutzen zu können, wird mit so lapidaren Argumenten wie „dann gehen die doch alle Monate früher in Rente“ abgeblockt. Der politische Sprech von gestern interessiert irgendwann nicht mehr. Andrea Nahles, inzwischen über Umwege Vorständin der Bundesagentur für Arbeit, kritisiert die Rente mit 63, die sie selbst als Arbeitsministerin vor weniger als einer Dekade ins Leben gerufen hat. Das zeigt, wie nachhaltig, verbindlich und verlässlich politische Aussagen auch für die Beschäftigten in der Bundesverwaltung sind. Im Zeitalter der ständig verfügbaren Informationen wird alles und jedes von allen und jedem kommentiert, das ist auch Politikerinnen und Politikern wichtig. Deshalb zählt offensichtlich ganz besonders mediale Präsenz zu den Lorbeeren, mit denen sie sich schmücken wollen. Interessant dabei ist, dass, sobald die nur noch wenigen kritischen Journalisten nachhaken, die Nerven blank liegen oder die totale Gleichgültigkeit verkündet wird. Im August sind beispielsweise eine Vielzahl Ergebnisse von Befragungen und Studien veröffentlicht worden, auch wir haben uns dazu geäußert. Ob es an den Landtagswahlen im Herbst und im kommenden Jahr liegt – je nach befragter Person wird es mal mehr und mal weniger markig, aber auch inhaltsleer. Beispielhaft für diese Interviews steht das Sommerinterview des ZDF mit dem Bundeskanzler. Angesprochen auf das Befragungsergebnis, das 72 Prozent der repräsentativ Befragten ihm keine Entscheidungen zutrauen, antwortete der Bundeskanzler, das sei eine falsche Wahrnehmung. So weit, so irritierend. Im Anschluss wurde im Sommerinterview der ARD die Co-Vorsitzende der regierungstragenden SPD interviewt. Den Höhepunkt bildete dort die Frage der Moderatorin, ob es neben der Wiederholung der Problembeschreibung auch Lösungsansätze gäbe. Das ließe sich mit Beispielen von Aussagen politischer Führungskräfte der anderen Parteien fortsetzen. Würde ich beispielsweise auf eine Frage in einem Interview antworten: „Man müsste sich für die Interessen der Bundesbeschäftigten einsetzen“ würden Sie mich jedenfalls zu Recht fragen, was denn mein Job gerade sei. Insofern ist da zwischen Interviewten einer Regierungspartei und der Opposition noch mal ein Unterschied in der Bewertung solcher Antworten zu machen. Niemand hat behauptet, dass Regieren und Krisenbewältigung einfach seien, die mediale Aufbereitung – in den öffentlich-rechtlichen Formaten – und die darin ausgestrahlten Aussagen der Politikerinnen und Politiker der Parteien lassen uns dennoch überrascht, erstaunt, irritiert und ratlos zurück. Daraus entsteht Unzu- © bluedesign/stock.adobe.com © Robert Kneschke/stock.adobe.com 5 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | September 2023

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